Alt und knackig: Immer mehr Senioren in Fitnessclubs
Köln (dpa) - Fitnessstudios sind nur was für junge Leute? Falsch! Immer mehr Senioren trainieren in den Studios. Das ist auch gut so, sagen Experten. Gerade Ältere können von den Angeboten profitieren.
Ihr Blick eisern, ihre Muskeln gestählt: Die braun gebrannte Frau, die auf der Homepage einer großen Fitnesskette wirbt, zieht sich gerade an einem Gerät hoch. Sie sieht so aus, wie viele Menschen aussehen wollen, die ein Fitnessstudio besuchen: attraktiv, stark und diszipliniert. Vor allem ist die Frau ziemlich jung.
In Köln-Riehl sind die Fitnessstudiobesucher nicht mehr ganz so jung - dafür sehen sie aus, als hätten sie mehr Spaß. Der 69-jährige Helmut Wolff sitzt vor einem Gerät und zieht Gewichte nach oben, die 74-jährige Rosemarie Jäger stützt ihren Ellbogen auf den Tresen und hält noch kurz einen Plausch, die 63-jährige Trainerin Hiltrud Heuel steht dahinter und nickt interessiert. Im Fitnessstudio Köln Vital ist an diesem Morgen nicht einmal das Personal unter 55 Jahre alt. Die rund 15 Besucher sowieso nicht - Jüngere nimmt das Studio prinzipiell nicht auf. Köln Vital setzt auf Senioren.
Die Fitnessbranche erlebt einen Zulauf der Alten. Einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte zufolge ist fast jeder Dritte der rund acht Millionen Fitnessstudio-Mitglieder in Deutschland über 50 Jahre alt, rund 13 Prozent sind älter als 60. Der Anteil könnte noch viel größer sein, glaubt Refit Kamberovic vom Arbeitgeberverband der privaten Fitnessanlagen (DSSV). Viele Senioren hätten immer noch die Mucki-Buden der Achtzigerjahre vor Augen, wenn sie an ein Fitnessstudio dächten, sagt Kamberovic. Das schrecke sie ab. Dabei habe sich die Branche deutlich gewandelt.
Das findet auch der Sprecher der weltgrößten Fitnessmesse Fibo, Mike Seidensticker. „Die Akzente haben sich deutlich Richtung Gesundheit verschoben“, sagt er. Die Mehrheit der Mitglieder wolle heute dem Körper etwas Gutes tun und nicht mehr Arnold Schwarzenegger oder Jane Fonda nacheifern.
Dreimal die Woche trainiert Helmut Wolff im Fitnessstudio in Köln. „Mir geht es herrlich“, sagt er. Der 69-Jährige mit nur noch wenigen Haaren sitzt in einem blauen Rugby-Trikot vor einem Gerät und zieht über einen Flaschenzug Gewichte an einem Seil nach oben. Auf seinem Oberarm zeichnet sich der Bizeps ab. Wolff lässt die Gewichte langsam wieder nach unten, sein Oberarm glättet sich. Später wird er noch mit den Hanteln trainieren. Vor ein paar Jahren plagten Wolff Schulter- und Nackenschmerzen. „Aber seitdem ich das mit den Kurzhanteln mache, ist das weg“, sagt er.
Ab dem dreißigsten Lebensjahr baut der Mensch jedes Jahr ein Prozent Muskelmasse ab. Das haben Sportmediziner herausgefunden. „Ab dem sechzigsten Lebensjahr beschleunigt sich dieser Prozess sogar“, sagt der Sportwissenschaftler Theodor Stemper von der Bergischen Universität Wuppertal. Senioren sollen Muskeln, Ausdauer und Balance trainieren. Das sei wegen der vielen unterschiedlichen Angebote in einem Fitnessstudio gut möglich. Wer schwache Muskeln habe, der könne auch nicht mehr alleine Treppen steigen oder die Enkel hochheben, sagt Stemper. „Bei Hochbetagten geht es wirklich um Alltags- und Lebenstüchtigkeit.“
In Köln trainieren jede Woche etwa 40 bis 70 Senioren in dem Studio, das von den Sozial-Betrieben geleitet wird. Knapp 30 Euro zahlen die Besucher pro Monat. Viele kennt Helmut Wolff mittlerweile persönlich. Wenn der Rentner nicht gerade mit dem Rad fährt, sich um seinen Schrebergarten kümmert oder etwas mit seinen Enkeln unternimmt, trainiert er im Fitnessstudio. „Die Atmosphäre ist sehr nett“, sagt er. Jüngere würden ihn aber auch nicht stören.