Babykeks und Schlaftrunk: Beikost ist oft viel zu süß
Berlin (dpa) - Trinken und Kauen will früh gelernt sein, wenn die Muttermilch nicht mehr ausreicht. Viele Beikost-Produkte für Säuglinge sind jedoch zu süß, zu salzig oder zu kohlenhydratreich, warnen Experten.
Der Babykeks ist „ideal für kleine Hände“ oder „hervorragend als Zwischenmahlzeit geeignet“ - aber enthält bis zu 25 Prozent Zucker. Die Trinkmahlzeit kommt wonnig als „Gute Nacht Fläschchen“ daher und suggeriert müden Eltern die Aussicht auf Nachtruhe, entpuppt sich aber als gezuckerte Kalorienbombe. Seit Jahren fordert die Ernährungskommission der deutschen Kinderärzte, kohlenhydratreiche Flaschennahrung zu verbieten. Doch bis heute findet sich gesüßte oder mit überflüssigen Aromen und Zusatzstoffen angereicherte Beikost für Babys unter einem Jahr in den Regalen.
Kinder- und Zahnärzte forderten deshalb am Donnerstag (25. September) gemeinsam mit der Verbraucherschutzorganisation foodwatch, strengere gesetzliche Standards für Säuglingsnahrung. „Die Ernährung in den ersten Lebensmonaten ist prägend. Deshalb ist es wichtig, eine zu starke Süßgewöhnung im Säuglingsalter zu vermeiden“, betonte Prof. Wieland Kiess, Direktor der Uni-Kinderklinik in Leipzig. „Wir brauchen dafür endlich gesetzliche Leitplanken.“
Vor allem das Dauernuckeln an süßem Tee oder Säften sowie süße Zwischenmahlzeiten führten zudem dazu, dass Karies bei Kindern unter drei Jahren zunehme - jedes 6. Kind sei davon betroffen, ergänzte Prof. Dietmar Oesterreich, Vize-Präsident der Bundeszahnärztekammer, in Berlin. Kleinkindkaries könne auch zu Schäden am bleibenden Gebiss führen, gesunde und komplette Milchzähne seien zudem auch für das Kauen- und Sprechenlernen wichtig. Ungesüßte Kräutertees oder schlicht Wasser zu trinken geben, lautet deshalb das Mantra, das Kinder- und Zahnärzte seit Jahren vorbeten.
„Aber es ist auch ein Bildungsproblem“, sagt Kiess. Sprich: Solange solche Produkte mit Zusätzen wie „gesund“ oder „mit wertvollem xyz“ beworben werden, greifen bildungsferne Eltern oft unkritisch zu. Zahlreiche Hersteller haben Produkte im Sortiment, die zwar als babygerecht beworben, von Medizinern jedoch nicht für Säuglinge empfohlen werden.
„Wir brauchen deshalb auch ein Werbeverbot für Säuglingsnahrung in den Entbindungsstationen der Krankenhäuser“, ging Kiess noch einen Schritt weiter. Gemeinsam mit Foodwatch-Vizegeschäftsführer Matthias Wolfschmidt machten die Ärztevertreter sich dafür stark, die Belange der ganz Kleinen auch im künftigen Präventionsgesetz des Bundes maßgeblich zu berücksichtigen. Kiess sagt: „In der frühen Kindheit wird auch für unsere Gesundheit der Grundstein gelegt: Wir sind auch das, was wir gegessen haben. Und in Sachen Adipositas legt sich der Schalter schon im Alter von drei, vier Jahren um.“ Heißt: Wer dann schon deutlich zu dick ist, der wird es häufig bleiben.