Coming-out im Alter: Rechtfertigen muss nicht sein
Köln (dpa/tmn) - Viele ältere Schwule und Lesben ringen lange mit sich, bevor sie sich vor Freunden und in der Familie outen. Doch auch im Seniorenalter macht das oft Sinn. Manchmal ist es sogar besser, erst die Enkel einzuweihen - und dann erst Sohn oder Tochter.
Manchmal braucht es viele Jahre, bis Homosexuelle sich in der Familie zu ihren Veranlagungen bekennen. Doch egal, wie spät es zu sein scheint: „Es macht auch im Alter Sinn. Mit sich im Einklang leben zu können, ist für viele ein befreiendes Gefühl“, erklärt Carolina Brauckmann, Landeskoordinatorin für ältere Schwule und Lesben in Nordrhein-Westfalen. Rechtfertigen, warum sie dafür so lange gebraucht haben, sollten sich homosexuelle Senioren aber nicht. „Am besten ist es, ehrlich zu sagen: „Ich war noch nicht so weit“.“ Das stoße fast immer auf Verständnis.
Außerdem sollte man sich von dem Druck frei machen, mit seinem Selbst-Outing eine bestimmte Reihenfolge in der Familie einhalten zu müssen. Es sei erlaubt und manchmal sogar besser, sich erst dem Enkel statt dem Sohn anzuvertrauen - je nachdem, wie eng das Vertrauensverhältnis ist. Vielleicht ergibt sich dann die Möglichkeit, dass der Enkel als Brückenbauer fungiert und beim Gespräch zwischen Großeltern und Eltern vermittelt.
Offenheit muss aber nicht um jeden Preis gesucht werden: „Zu sagen, dass man homosexuell ist, ist für jeden eine Abwägungssache“, sagt Brauckmann. Es sei durchaus legitim, es der Uroma vielleicht nicht zu erklären - oder sein Coming-out gar nicht öffentlich zu machen. „Viele sehen das als Schutz, den sie nicht aufgeben wollen.“ Unterstützung in diesem Entscheidungsprozess finden Senioren bei Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen bundesweit.