Drei unterm Baum - Erstes Weihnachten mit Kind

Köln (dpa/tmn) - Karpfenpüree und Zimtbrei? Schnuller mit Nikolausgesicht? Adventskalender im Miniformat? Wenn das erste Weihnachten mit Kind ansteht, stellen gute Eltern eine aufwendige Babyversion des Festes auf die Beine.

Oder?

Vor der Treppe steht jetzt ein kleines Gitter. Die Gäste müssen zum Rauchen ab sofort vor die Tür. Nach der Arbeit geht's immer direkt heim. Ist das Baby da, ändert sich vieles. Auch das Weihnachtsfest. Bei wessen Eltern ein junges Paar den Heiligabend verbringt, steht nicht mehr zur Debatte. Mit Kind stellt die kleine Familie ihr eigenes Fest auf die Beine. Hannes und seine Partnerin verbrachten das erste Weihnachten mit der kleinen Sophie in Portugal. „Fernab vom sonstigen Trubel“, sagt der 32-Jährige.

Richtig so, sagen Experten. Zumindest, wenn Trubel Stress bedeutet. Denn der überträgt sich von den Eltern automatisch aufs Kind, warnt Peter Groß vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP). Psychologische Nabelschnur nennt der Kölner Diplompsychologe diese Verbindung. Stress sollten junge Eltern also so gut es geht vermeiden. „Kein unnötiger Aufwand, kein kompliziertes Essen, Baum und Geschenke rechtzeitig einkaufen“, rät Groß.

Am ersten Feiertag zu seinen Eltern, am zweiten zu ihren und abends noch die Freunde von früher treffen - Besuche können ein Stressfaktor sein. Am ersten Weihnachtsfest mit Kind dürfe es deshalb ruhig heißen: Wir bleiben mal gemütlich unter uns, sagt Groß.

Die psychologische Nabelschnur funktioniert aber nicht nur als Stressmacher, sondern auch als Stimmungsknüller. Die Weihnachtsstimmung der Eltern komme beim Baby an, sagt Groß. Blinkende Lämpchen, kleine Figuren, rote Tischdecken lösen Staunen aus.

„Manche Babys mögen diese vielen neuen Eindrücke, manche sind damit aber schnell überfordert“, sagt Britt Tönjes vom Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie der Uni Bamberg. Säuglinge signalisieren schnell, welcher Typ sie sind. Und darauf müssen Eltern auch reagieren. „Ein Säugling hat noch nicht viele Möglichkeiten, seine Stimmung selbst zu regulieren“, sagt Tönjes. Ist die Umgebung zu aufregend, weil das ständige Weihnachtsgedudel von der CD nervt, kann er sie nicht ausschalten oder weggehen. „Da muss er eben Mama organisieren“, sagt Tönjes. Also schreit er.

Auch mit dem Schenken sollten Eltern es nicht übertreiben. „Geschenke sind dem Kind reichlich wurscht“, sagt Groß. Denn ein Baby kenne den Eigentumsbegriff noch nicht. Es nimmt sich einfach, was ihm gefällt - und das weicht von den Wertvorstellungen seiner Eltern manchmal ganz schön ab. Die teure Puppe kann sehr spannend sein - aber auch die schmutzige Serviette vom Abendessen.

Auch ungewohnte Orte können das Baby stressen - der Besuch des Gottesdienstes kann deshalb heikel sein. „Das Geschrei könnte vor allem ältere Kirchgänger stören, weil sie die Predigt dann nicht verstehen“, sagt Tönjes. Ob Eltern es trotzdem wagen, sollten sie davon abhängig machen, wie sehr es sie stresst, wenn sie stören. Wer unsicher ist, sollte vorher den Pastor fragen, wie angemessen es ist, das Baby mitzubringen.

Als Grundregel zum ersten Weihnachten mit Kind gilt laut Tönjes: „Nicht zu viele Erwartungen haben.“ Wer enttäuscht ist, dass der Nachwuchs weder dem aufwendigen Karpfenpüree noch dem teuren Beißring Aufmerksamkeit schenkt, ist frustriert. Und Frustration stresst nur wieder. Auch Hannes hat beobachtet, dass es seiner Sophie eigentlich egal war, ob sie in Portugal oder in Deutschland über Weihnachten staunte: „Das hat sie alles nicht so bewusst mitgeschnitten.“