Englisch für Kids: Ohne Spiel läuft nix
Potsdam (dpa) - Wer im Berufsleben Erfolg will, sollte Englisch sprechen können. Ambitionierte Eltern schicken ihre Kinder verstärkt in mehrsprachige Kitas. Aber Experten warnen: Kinder brauchen einen spielerischen Zugang zu Neuem und anderen Sprachen.
Es ist überall zu hören: Ohne Englisch kommt man im Berufsleben nicht weit. Deshalb setzen viele Eltern auf mehrsprachige Kitas. Quasi nebenher sollen die Kleinen die Fremdsprache erlernen - und das am besten perfekt. „Solche Vorstellungen sind utopisch“, erklärt Stefan Spieker vom gemeinnützigen Verein Fröbel. Der Träger betreibt deutschlandweit unzählige Kitas und Kindergärten. „In vielen Häusern bieten wir neben Englisch auch Polnisch an“, so der Fröbel-Geschäftsführer.
Mit überambitionierten Eltern kennt sich Spieker aus. „Manche wollen die Garantie, dass ihre Kinder bei uns perfekt Englisch lernen.“ Doch solche Versprechungen will und kann er nicht geben. „Wir setzen auf immersive Prozesse. Das heißt, die Kinder können beispielsweise beim Fußballspielen in einen englischen Sprachteppich eintauchen und eine eigene Vorstellungswelt entwickeln“, erklärt Spieker. Die Erzieher sprechen mit den Kleinen dann nur in der Fremdsprache. „Sie bekommen so ein Gefühl für die Sprache, so das Englisch quasi nebenbei aufgesaugt wird.“
Kindergärten müssen sich ganz klar von Schule unterscheiden. „Deshalb gibt es bei uns keine Englischlehrer, keine Schulbücher und keinen Druck“, erklärt der Fröbel-Chef. „Wir setzen auf die Neugierde der Kinder. Wenn sie auf Fußball auf Englisch Lust haben, machen sie mit.“ Wenn nicht, sei es auch kein Beinbruch.
Wichtig sei aber, dass die Erzieher sogenannte „native Speaker“ sind. Englisch sollte ihre Muttersprache sein. Es gehe um das Gefühl zur Fremdsprache und das funktionieren nur über den unverfälschten Klang, so Spieker. Weil Personal fehlt, ist das Angebot nicht durchgängig in der Fremdsprache. Englischsprachige Erzieher seien auf dem Arbeitsmarkt Mangelware.
Freiwilligkeit und Spaß an Neuem sind laut Detlef Diskowski vom Brandenburgischen Bildungsministerium das A und O. Man könne nichts an den Haaren herbeiziehen. „Das was Kinder brauchen, ist Futter für die eigene Neugierde.“ Natürlich gebe es Einrichtungen, die direkte Sprachkurse anböten. Dieser Nutzen sei aber nicht belegt und führe eher zu Stressreaktionen bei Kindern und Eltern, meint Diskowski.
Ähnlich sieht es auch die Potsdamer Erziehungswissenschaftlerin Agi Schründer-Lenzen. „Im Kindergarten kann nur es nur darum gehen, spielerische Sprachbegegnungen anzubieten.“ Wenig Sinn mache es, wenn in einen eigentlich deutschsprachigen Kindergarten ein Englischtrainer ein- bis zweimal die Woche komme, so Schründer-Lenzen.
Vereinfacht ausgedrückt: Kinder lernen über Imitation, lernen die Bedeutung von Wörtern über Nachfragen. „Der gute Kindergarten zeichnet sich dadurch aus, dass er den Kindern gibt, wonach sie fragen“, meint die Erziehungswissenschaftlerin.