„Geschenkfest vor Weihnachten“ - Nikolaus früher und heute
Berlin/München (dpa) - Früher gab es Nüsse oder Äpfel. Heute sind die Geschenke teilweise so groß, dass sie gar nicht mehr in einen Stiefel passen. Eines ist geblieben: Der Nikolaus gilt als ein Barmherziger, der Gutes tut.
Ein paar Wochen vor Heiligabend finden viele Kinder Süßes in ihren Stiefeln - und manchmal auch größere Gaben. Nikolaus sei ein „Geschenkfest vor Weihnachten und immer noch ein Erziehungsmittel, wenn auch in abgeschwächter Form“, sagt die Kulturwissenschaftlerin Annegret Braun im Interview:
Seit wann werden eigentlich Geschenke im Stiefel gesteckt?
Braun: Dass der Nikolaus als unsichtbarer Gabenbringer unbemerkt etwas einlegt, entstand im Mittelalter in den Klosterschulen und geht auf die Jungfrauenlegende zurück: dass er drei armen Jungfrauen goldene Äpfel hingelegt hat, damit sie sich standesgemäß verheiraten können. Im 19. Jahrhundert hat sich dieser Schenkbrauch dann in allen Bevölkerungsgruppen verbreitet. Dass der Nikolaus als sichtbarer Gabenbringer in die Häuser kommt, ist seit dem 17. Jahrhundert belegt. Hier ist die Bedeutung des Belohnens und Bestrafens wichtig. Die Kinder mussten Gedichte und Gebete aufsagen.
Hat man ursprünglich nur Kinder oder auch Erwachsene bedacht?
Braun: Auch Erwachsene. Mägde und Knechte bekamen an Nikolaus nützliche Dinge, wie zum Beispiel eine Schürze oder Socken. Das war Teil des Lohnes.
Woher kommt die Nikolaus-Figur?
Braun: Die Figur des Nikolaus ist nicht nur auf den Bischof von Myra zurückzuführen. Dahinter stecken zwei Figuren, nämlich auch noch der im sechsten Jahrhundert gestorbene Abt von Sion und Bischof von Pinora in Kleinasien. Die beiden Figuren sind zu einer verschmolzen, zu einem Barmherzigen, der Gutes tut. Das ist alles mit Legenden zusammengeflossen, aus diesen haben sich die Bräuche entwickelt.
Das Bischofsspiel und Nikolaus-Laufen der Klosterschüler zum Beispiel begann ab dem 14. Jahrhundert. Einer der Schüler wurde zur Bischofsfigur gewählt. Der Knabenbischof wurde mit der Zeit immer lächerlicher gestaltet. Und der Umzug und das Betteln an den Häusern uferte immer mehr aus und wurde deshalb von der Obrigkeit Ende des 18. Jahrhunderts verboten.
Als im Bürgertum die Kindheit so wichtig wurde, war der Nikolaus ein starkes religiöses Erziehungsmittel. Der Begleiter - Knecht Ruprecht oder Krampus - war derjenige, der bestrafte, entweder mit der Rute oder indem er androhte, das Kind in den Sack zu stecken und mitzunehmen. Man kann sich vorstellen, welche Ängste die Kinder ausgestanden haben. Heute ist es so, dass man davon abkommt und eher Engel als Begleiter nimmt.
Welche Bedeutung hat das Nikolaus-Fest heute?
Braun: Es ist ein Geschenkfest vor Weihnachten und immer noch ein Erziehungsmittel, wenn auch in abgeschwächter Form. Die Kinder werden belohnt durch die Süßigkeiten, die sie bekommen. Früher hat man nur Nüsse oder Äpfel oder nützliche Dinge bekommen. Heute gibt es zum Teil richtig große Geschenke.