„Nicht so rasen!“ In der Rollator-Fahrschule
Köln (dpa) - Rollator-Fahren will geübt sein. In Köln kann man darum sogar einen Rollator-Führerschein machen. Die Teilnehmer kennen ihre Schwächen: „Bordstein muss ich noch üben.“
Leopoldine Schneider, 87, macht richtig Tempo. Mit ihrem Rollator steuert die weißhaarige Dame um eine 90-Grad-Kurve durch den Slalom-Parcours. „Durchatmen nicht vergessen!“, mahnt Betreuerin Julia Schnitzler. In der Rollator-Fahrschule des Kölner Krankenhauses St. Hildegardis gibt es diesmal wieder ein paar Senioren, die zur Überschreitung der empfohlenen Höchstgeschwindigkeit neigen.
Seit zwei Jahren bietet das Krankenhaus die Rollator-Kurse an - ähnliche Angebote gibt es auch andernorts in Deutschland. Im Theorieteil kommt Larsen Lechler, der Leiter des Therapiezentrums, zunächst auf häufige Fehler zu sprechen. Zu hoch eingestellte Griffe zum Beispiel. Oder falsche Körperhaltung - Stichwort Rundrücken. Auch Überladung mit Einkaufstaschen ist ein Problem. Im Anschluss informiert Polizistin Natalie Kohn über den toten Winkel von Lastwagenfahrern und gibt den Teilnehmern den Rat, es im Zweifelsfall nicht auf eine Kraftprobe ankommen zu lassen. „Als schwacher Verkehrsteilnehmer sollten Sie sich defensiv verhalten.“
Dann der praktische Teil. Leopoldine Schneider hat ihren Rollator erst drei Wochen. „Ich komme damit überhaupt nicht zurecht“, klagt sie. „Die Räder drehen sich immer so.“ Heinrich Schinke (70) steht nach einem Schlaganfall vor seinem ersten Winter mit Rollator: „Da will ich mir noch ein paar Kniffe abschauen.“ Larsen Lechler hat sich erstmal Frau Schneider vorgenommen: „Ist das richtig, wo die Tasche da hängt?“ Sie soll ihre Handtasche doch besser nicht zwischen die Griffe hängen, weil sie dort im Weg ist. „Besser vorne!“ Das aber kommt für sie nicht infrage: „Da kann sie doch jeder rausnehmen!“
Als nächstes eine Runde Rollator-Gymnastik, zum Lockermachen. Die Teilnehmer stehen zwischen den Rädern, heben die Beine oder verlagern das Gewicht, um ihr Gleichgewichtsgefühl zu trainieren. Dann geht es raus auf den Parcours. „Keine Hektik!“, mahnt Julia Schnitzler immer wieder. „Nur nicht so rasen! Langsam, langsam! Die Bremsen sind nicht nur zur Zierde da! Wir haben alle Zeit der Welt!“ Frau Schneider will noch Bordstein-Rauffahren üben. „Klar doch, machen wir!“, verspricht Julia Schnitzler. „Und Rille machen wir gleich auch noch.“
In der Pause werden Modelle verglichen. „Was haben Sie für den denn bezahlt?“, will Frau Schneider von Herrn Schinke wissen. „760 Euro“, sagt Herr Schinke. „Der ist nicht von Aldi.“
Letzte Parcours-Station: Fahren am Berg. Vor allem wenn's runter geht, ist es schwer, die Kontrolle zu behalten. „Bremsen ziehen, Frau Schneider, konzentrieren Sie sich! Sehr gut! Mit Bravour!“
Wieder zurück, muss sich Frau Schneider erstmal ausruhen. „Ich fand es anstrengend“, gibt sie zu. „Bordstein muss ich zuhause noch üben.“ Larsen Lechler erklärt lächelnd: „Es ist tatsächlich wie mit dem Führerschein: Das Fahren kommt erst mit der Praxis.“ Dann verkündet er allen Teilnehmern: „Sie sind jetzt in Theorie und Praxis soweit geschult, dass Sie einen Rollator-Führerschein bekommen können.“ „Oh Gott“, entfährt es Frau Schneider. Als der Kursleiter mit dem Dokument auf sie zukommt, breitet sie erwartungsvoll die Arme aus. „Eins kann ich Ihnen versichern“, sagt Larsen Lechler, „egal wie Sie sich im Straßenverkehr verhalten, den kriegen Sie von der Polizei nie wieder abgenommen!“