Zukunft der Partnersuche: Die Nadel im digitalen Heuhaufen
Berlin (dpa) - Dem Internet sei Dank: Die Auswahl möglicher Partner ist größer denn je und die nächste große Liebe nur einen Klick entfernt, glaubt man Portalen im Netz. Werden sich Beziehungen dadurch künftig ändern?
Berlin (dpa) - Dem Internet sei Dank: Die Auswahl möglicher Partner ist größer denn je und die nächste große Liebe nur einen Klick entfernt, glaubt man Portalen im Netz. Werden sich Beziehungen dadurch künftig ändern?
Eine neue Liebe, ein neues Leben - das ist es, was Gabriella Schmickl, 61, in Berlin sucht. Nach rund 15 Jahren auf dem Land in Italien will die geschiedene Unternehmerin noch einmal durchstarten, gerne auch mit einem jüngeren Mann, wie sie sagt. Die Fingernägel trägt sie signalrot lackiert, die Haare in Form geföhnt.
Ein neuer Lebensstil, dazu ein neuer Partner: Wie Schmickl wird es künftig vielen Männern und Frauen ihres Alters gehen, sagt der Salzburger Zukunftsforscher Professor Reinhold Popp bei einem Pressetermin der Partnervermittlung eDarling. Finanzielle Sicherheit, gestiegene Lebenserwartung und weniger gesellschaftliche Zwänge sollen es möglich machen.
Klassisch lernen sich Paare bei der Arbeit oder im Studium kennen, sagt Popp. „Diese Faktoren bleiben zwar wichtig. Aber da das Internet unseren Alltag zunehmend durchdringt, suchen Menschen vermehrt auch online nach Partnern.“ Gerade für Ältere treffe das zu, die im Alltag nur noch wenige neue Bekanntschaften machen. Noch sei die Generation über 60 allerdings „nicht so online-affin“.
Gabriella Schmickl schreckt das nicht. Dabei gilt es bei vielen Portalen, Hunderte persönliche Fragen zu beantworten: Dadurch erhalte man individuelle Partnervorschläge, die zur eigenen Persönlichkeit passen. Viele Portale vermitteln dann nach dem Prinzip „Gleich und Gleich gesellt sich gern“. „Dabei ziehen sich auch Gegensätze an“, sagt Forscher Popp. Ein hilfsbereiter und ein tollpatschiger Mensch könnten sich gut ergänzen. Vermittlung müsse individuelle Punkte offenlassen, da „die Naturseite des Menschen“ die Partnerwahl nach wie vor präge. Auch künftig werden Computer nicht feststellen, ob die Chemie zwischen zwei Menschen stimmt - ob man sich riechen kann etwa.
Um die Vorauswahl zu optimieren, feilen auch Mathematiker an Rechen- und Filtermethoden, mit Hilfe derer Menschen online zueinander finden sollen. An der Effektivität bisheriger Algorithmen zweifelt jedoch der US-Psychologe Eli J. Finkel von der Northwestern University in Chicago, der im Sommer eine Überblicksstudie zum Thema Online-Dating veröffentlichte: Die Kriterien der Portale, Ähnlichkeit und Gegensätzlichkeit, sind der Auswertung nach in langfristig erfolgreichen Beziehungen gar nicht ausschlaggebend. Finkel bemängelt zudem, dass kritische Lebenssituationen wie Krankheit oder traumatische Erfahrungen, die Paare im Alltag vor Probleme stellen, in den Persönlichkeitstests ausgeklammert würden.
Die Tests und die Korrespondenz mit interessierten Männern seien zudem aufwendig, sagt Schmickl. Angesichts des riesigen Angebots potenzieller Partner lässt sie diese Schritte von einer Mitarbeiterin ihrer Partnerbörse erledigen. Trotz dieser ersten Auslese sagt auch sie: „Letztlich entscheidet die spontane Sympathie.“
Den angeblich ausgetüftelten Suchstrategien der Partnerbörsen zum Trotz prognostiziert Zukunftsforscher Popp, dass Menschen Partnerschaften im Laufe ihres Lebens künftig häufiger hinterfragen werden: „Alle wollen zwar, dass die Beziehung dauert, aber es muss nicht mehr. Es ist Kür, da man bei Trennungen gesellschaftlich nicht mehr ins Bodenlose fällt.“ Obwohl immer weniger Paare heiraten, bleibe der Wunsch nach einem Partner grundsätzlich bestehen. Gemeinsame Erlebnisse seien entscheidend: das reale Leben also. Zumindest die ersten Treffen von Gabriella Schmickl brachten dort bislang noch nicht den gewünschten Erfolg.