Schatzsuche mit Käpt'n Sharky - Mädchen brauchen starke Vorbilder
Hamburg (dpa/tmn) - Frauen in Dessous, die sich lasziv räkeln oder niedliche Feenfiguren mit Wespentaille. Überall werden Mädchen mit überzogenen Schönheitsidealen konfrontiert. Dabei brauchen sie etwas ganz anderes: starke Vorbilder.
Models mit Jeansgröße Null und makelloser Haut posieren an Hauswänden, Zeitungskiosken und im Fernsehen. In Jugendmagazinen eifern Comicfiguren mit Schmollmund und Schminke den großen Vorbildern nach. Mädchen, die damit aufwachsen, haben es nicht leicht, sich von solchen mal stereotypen, mal sogar sexistischen Schönheitsidealen freizumachen. Und ihre Eltern sind oft verunsichert, wie sie ihnen dabei helfen können.
„Zwischen einer Arbeitswelt, in der Frauen nicht wirklich ernst genommen werden und einer Kindheit, die auf Prinzessin Lilifee und andere wahnsinnig niedliche Figuren setzt, besteht ein Zusammenhang“, erklärt die Genderforscherin Stevie Schmiedel in Hamburg und verweist auf die aktuelle Sexismus-Debatte.
Der Konflikt wurzelt aber tiefer, findet Schmiedel. Durch Spielzeug, Modelshows und Werbung werde schon jungen Mädchen ein Ideal vermittelt, das auf aktuellen Schönheitstrends basiert statt auf Gleichberechtigung. Deshalb sei es wichtig, das Selbstbewusstsein der Mädchen zu stärken. Denn Studien zeigen: Der Einfluss solcher Ideale auf die Entwicklung der Mädchen ist groß.
Die Universität Bielefeld hat in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ermittelt: Weniger als die Hälfte (47 Prozent) ist heute mit ihrem Aussehen zufrieden. Damit ist das Selbstbewusstsein Deutscher Mädchen seit Beginn der Serie „Germany's Next Topmodel“ um fast 25 Prozentpunkte gesunken.
Für mehr Selbstbewusstsein sind starke Vorbilder wichtig. Das können Figuren wie Pippi Langstrumpf sein - oder zum Beispiel der Pirat Käpt'n Sharky, erklärt die Genderforscherin Schmiedel: Der kleine Seeräuber stehe mit seinen breiten Füßen fest auf dem Sandboden und grabe seine Schätze selbst aus.
Beispielhaft in Sachen gleichberechtigter Erziehung ist Christa Stolle von der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes zufolge Schweden. „Vergangenes Jahr hat die Spielzeugfirma Top-Toy dort aufgrund von Elternprotesten ihren Weihnachtskatalog geschlechtsneutral gestaltet.“ Stereotype Abbildungen sieht man dort nicht mehr: „Der Spielwarenkatalog zeigt jetzt Jungs, die Mädchen die Haare föhnen und Mädchen, die mit Fußbällen spielen“.
Da eine solche Reaktion seitens der Werbeträger selten ist, sei das A und O, Kinder früh zu einer kritischen Haltung gegenüber Medien und Werbung zu erziehen. „Es hilft, mit der Tochter darüber zu sprechen, warum Firmen mit bestimmten Frauenrollen werben“, sagt Schmiedel.
Für Frauenrechtlerin Stolle liegt der Schlüssel für eine selbstbestimmte Zukunft vor allem in den vorgelebten Rollenbildern der Eltern. Der Vater könne ruhig auch mal putzen oder mit Schürze am Herd stehen, während die Mutter die Füße hochlegt und fernsieht. Außerdem sollte man direkt mit den Mädchen sprechen und ihnen vermitteln: „Ihr habt den gleichen Stellenwert wie Jungen“.
„Je tradierter die Rollenvorstellungen der Bezugsgruppen sind, umso mehr reproduziert sich das in den Wunschberufen der Mädchen“, erklärt auch Almuth Reinhardt vom Koordinationszentrum des Girl's Day (25. April), bei dem sich Mädchen in Betrieben über ihre beruflichen Möglichkeiten informieren können. Aber auch die Eltern sollten früh mit ihren Töchtern über deren Talente und Chancen sprechen und ihnen Vertrauen in die eigene Stärke vermitteln.