Stress im Job: Viele Frauen greifen zum Alkohol
Hannover (dpa/tmn) - Ein Sekt im Büro, ein Glas Wein nach der Arbeit: Alkohol zu trinken, gilt vielen als selbstverständlich. Immer häufiger sind es nach Einschätzung von Wissenschaftlern der Universität Hannover Frauen, die nach Feierabend zum Glas greifen.
Gefährdet seien nicht zuletzt hoch qualifizierte Arbeitnehmerinnen, die im Job unter besonderem Druck stehen und dann das Gefühl haben, abends „ein Glas“ zu brauchen. Häufig unterschätzten sie allerdings die Gefahr, die auch mit einem vergleichsweise geringen Alkoholkonsum verbunden ist, sagt Anja Wartmann vom Institut für interdisziplinäre Arbeitswissenschaft der Universität Hannover.
Bereits frühere Studien zeigten, dass qualifizierte Arbeitnehmer eher zu Alkohol greifen. Eine Untersuchung des Robert-Koch-Instituts zum Beispiel ermittelte einen Anteil von Frauen mit „moderatem Alkoholkonsum“ in der Unterschicht von 11, in der Mittelschicht von 14,4 und in der Oberschicht von 20,1 Prozent. Eine repräsentative Untersuchung unter Verwaltungsangestellten in London habe ergeben, dass Alkoholkonsum bei Frauen mit steigender Qualifikation zunimmt, erläutert Wartmann, die in Hannover an der Studie „Riskanter Alkoholkonsum bei weiblichen Fach- und Führungskräften“ mitarbeitet.
Oft sei den Frauen nicht bewusst, dass auch Mengen, die ihnen gering vorkommen, schon gesundheitsgefährdend sein können, sagt Wartmann. Hinzu komme, dass aus dem „einen Glas am Abend“ manchmal eine halbe Flasche werde: „Die Schwelle für riskanten Alkoholkonsum ist dann schnell überschritten.“ Eine Ursache für erhöhten Alkoholkonsum sei Stress: Viele Frauen, die beruflich stark gefordert sind, stünden gleichzeitig durch familiäre Pflichten unter Druck. Zu der psychosozialen Belastung am Arbeitsplatz komme zusätzlich der Stress zu Hause. Das „Glas am Abend“ verspreche dann Entlastung.
„Der Alkoholkonsum wird funktionalisiert“, erläutert Wartmann. „Frauen trinken oft abends, wenn alles fertig ist und die Kinder im Bett sind. Das Trinken ist ein Feierabendsymbol und wird zum Ritual.“ Das mache es schwerer, dieses Verhalten schnell zu ändern. Typisch sei, dass Frauen nicht öffentlich trinken - so wie Männer in der Kneipe -, sondern allein zu Hause. Das regelmäßige Glas Wein zur Entspannung bleibe so völlig unbemerkt.
Die Studie soll Ende Februar abgeschlossen sein. Sie wird vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert und hat das Ziel, ein Konzept zur betrieblichen Suchtprävention zu entwickeln.