„Ich schaffe das“: Selbstgespräche motivieren

Berlin/Köln (dpa/tmn) - Murmelt jemand halblaut vor sich hin, zweifelt man an seiner psychischen Verfassung. Dabei haben Studien gezeigt, dass Selbstgespräche einen durchaus weiterbringen. Wichtig ist der Inhalt: Sich selbst niederzumachen, wirkt kontraproduktiv.

Menschen, die laut vor sich hin sprechen, wirken auf ihre Umgebung meistens ein bisschen befremdlich. Gern wird dann vergessen, dass jeder hin und wieder Selbstgespräche führt. Inzwischen haben Studien sogar gezeigt, dass der Dialog mit sich selbst sehr hilfreich sein kann, wenn man weiß, wie es richtig geht.

Egal, wie es auf andere wirkt - Selbstgespräche zu führen ist völlig normal. Dirk Wedekind von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Göttingen sieht darin eine Methode des lauten Denkens. „Gleichzeitig bestätigen Selbstgespräche uns Menschen darin, was wir im Inneren wissen“, sagt er. „Stecken wir in einem Entscheidungsdilemma, führt der Dialog mit uns selbst oft dazu, dass wir zu guten Ergebnissen kommen. Er fördert die Konzentration und steigert die Leistungsfähigkeit.“

Im Gegenzug wirken Selbstgespräche aber auch als Ventil, um Stress abzubauen. So können sich Frust und Wut nicht festsetzen, die sogar krank machen können, wenn man sie verdrängt. Wer kleine Kinder beim Spielen beobachtet, könne feststellen, dass sie ständig mit sich selber reden, sagt der Kommunikationscoach Karsten Noack aus Berlin. Ab dem fünften Lebensjahr nehme dieses Verhalten merklich ab, der Dialog werde nur noch in Gedanken geführt. „Im Erwachsenenalter braucht es schon große Gefühlswallungen, um das Gedachte auch mal zu sagen“, so Noack. Dabei sei es wichtig, die Gedanken laut auszusprechen: „Worte auszusprechen ist langsamer und daher genauer, als sie nur zu denken. Auf diese Weise nimmt man seine Gedanken direkter wahr.“

Psychologen der Universitäten in Bamberg und Wien konnten das mit einem Experiment nachweisen: Sie filmten 17 Studenten dabei, wie sie eine Konstruktionsaufgabe lösten. Alle Teilnehmer, die während des Tests mit sich selbst geredet und Fragen an sich gestellt hatten, konnten am Ende bessere Ergebnisse vorweisen. „Gedanken sind meistens diffus. Oft bringt das Aussprechen erst Klarheit“, bestätigt Dirk Wedekind.

Viele Menschen führen vor allem in negativen Momenten Selbstgespräche - zum Beispiel, wenn sie sich über etwas ärgern oder überlastet sind. „Dabei gehen sie oft gründlicher und härter mit sich selbst ins Gericht, als es andere tun würden“, so Noack. Doch auch positive Gefühle wie Freude und Begeisterung sprechen Menschen gern aus.

Wer in einem kritischen Umfeld aufgewachsen ist und wenig Bestätigung erfahren hat, neigt laut Noack eher dazu, mit sich selbst im negativen Ton zu sprechen. Doch diese Art der Selbstgespräche sei wenig hilfreich, denn sie mache die Person in ihren weiteren Handlungen unflexibler und schränke sie ein. „Aus diesem Grund sollte man sich fragen, ob einen die ausgesprochenen Gedanken voranbringen. Wenn nicht, sollten sie in Zukunft nicht mehr ausgesprochen werden.“

Statt sich selbst runterzuziehen, sollte Negatives besser in Positives umformuliert werden, empfiehlt Noack. „Anstelle von 'Ich kann es nicht' sagt man besser 'Ich kann es noch nicht.' So spricht man sich Mut für das nächste Mal zu.“ Noack warnt allerdings vor allzu flachen Formulierungen nach dem Motto „Ich bin der Größte!“. Von derlei Übertreibung fühle sich unser Gehirn verschaukelt. „Die Argumentation sollte realistisch wohlwollend ausfallen“, sagt er.

Selbstgespräche können hochmotivierend sein. „Wir haben die Möglichkeit, diese Kraft noch zu verstärken, wenn wir uns an ein paar Regeln halten“, verspricht Manuel Tusch vom Institut für Angewandte Psychologie in Köln. Wichtig sei, einen Vorsatz für die jeweilige Situation zu formulieren und diesen mehrmals zu wiederholen. „Denn je öfter man bestimmte Dinge wiederholt, desto stärker ist der Effekt.“

Obwohl US-Forscher schätzen, dass 96 Prozent aller Erwachsenen gelegentlich mit sich selbst sprechen, wird die Umwelt weiterhin belustigt oder verständnislos darauf reagieren. Manuel Tusch rät deshalb, sich einen ungestörten Ort zu suchen. „So kann man in aller Ruhe die passende Formulierung finden, und keiner macht einem die schönen Effekte eines Selbstgesprächs kaputt.“