Viele geben Babywunsch wieder auf
Berlin (dpa) - Warum kriegt ihr keine Kinder? Diese Frage hat die Zeitschrift „Eltern“ in einer repräsentativen Umfrage für Deutschland gestellt - dem Land mit einer der niedrigsten Geburtenraten Europas.
Die Antwort der Männer und Frauen: Wir würden ja gern - aber...
Ist es die Existenzangst der Generation Praktikum? Oder ist es der Egoismus einer Spaßgesellschaft, dass immer weniger junge Männer und Frauen in Deutschland Kinder bekommen? Die Zeitschrift „Eltern“ hat für eine repräsentative Studie genauer nachgefragt. Die gute Nachricht für die Demografen lautet: Rund zwei Drittel der jungen Erwachsenen wünschen sich Kinder, überraschenderweise mehr Männer (70 Prozent) als Frauen (61 Prozent). Doch die schlechte Nachricht folgt: Die meisten bekommen kein Baby, wenn zwischen 20 und 30 Jahren biologisch die beste Zeit dafür wäre. Und aufgeschoben bedeutet beim Kinderwunsch häufig auch aufgehoben.
Die Gründe für das lange Zögern sind vielschichtig, doch ein Trend zeichnet sich ab. Viele junge Erwachsene mit Kinderwunsch verspüren laut Umfrage zu wenig Sicherheit für eine Familiengründung. Zwei Drittel wollen vor einem Baby erst eine solide finanzielle Basis schaffen. Eine gute Ausbildung und ein guter Job haben vor allem für Akademiker Vorrang. Kinder würden in dieser Stimmung zu einem „Projekt“, folgern Auswerter der Studie. Sie seien im Gegensatz zu den 1960er Jahren kein normaler Bestandteil des Lebens mehr. Befragt wurden für die Studie Anfang Dezember 2010 rund 1000 Deutsche zwischen 25 und 45 Jahren.
Nicht zu unterschätzen beim Thema Kinderwunsch ist neben Unsicherheit laut Studie aber auch die Suche nach einem passenden Partner. 44 Prozent der Interviewten gaben an, dass ihnen für ein Kind schlicht Traumfrau oder Traummann fehlen. Insgesamt sind mit 50 Prozent mehr Männer auf der Suche als Frauen (33 Prozent). Demografen erklären sich dieses etwas überraschende Ergebnis aber auch mit einem Männerüberschuss in der Generation bis 45 Jahren.
Doch es ist wohl nicht nur die Unsicherheit im härter umkämpften Arbeitsmarkt, die die Lust auf ein Baby ausbremst. Mehr als 80 Prozent der Befragten meinten, dass die Gesellschaft Leistungen im Beruf höher bewertet als Leistungen in der Familie. Fast genauso viele klagten, dass das Leben schon ohne Kinder anstrengend genug sei (79 Prozent). Sie hatten auch Sorge vor dem Perfektionsdruck, der heute auf Eltern laste. Und 74 Prozent wollen ihren Lebensstil nicht für ein Kind einschränken.
Weniger Befragte befürchteten hingegen, dass mit Kind ihre Partnerschaft nicht hält (69 Prozent) oder es nicht genug verlässliche Kinderbetreuung gibt (61 Prozent). Vielleicht sind die Deutschen aber inzwischen auch zu „verkopft“ bei der Entscheidung für ein Baby. Über eine ungeplante Schwangerschaft würden sich laut Umfrage 48 Prozent der Frauen und 44 Prozent der Männer freuen.
Ein Fünftel der Befragten (22 Prozent) steht in der Umfrage aber auch offen dazu, keine Kinder zu wollen. Als Hauptmotiv gibt die deutliche Mehrheit dieser Befragten an, dass sie mit ihrem Leben auch ohne Kinder zufrieden seien. Unter den 25- bis 35-Jährigen sind das sogar 92 Prozent. Viele aus dieser Gruppe sagen, dass Eltern auf sie gestresst wirken und sie so nicht leben möchten. Durch mehr Sicherheit im Leben würde sich auch nur ein gutes Drittel dieser Gruppe umstimmen lassen. Ja zu einem Kind sagen dann - für die Interviewer überraschend - deutlich mehr Männer als Frauen.
Kompliziert ist die Situation auch in Ostdeutschland. Dort wünschen sich deutlich mehr junge Erwachsene (48 Prozent) unbedingt Kinder. In Westdeutschland sind es nur 38 Prozent. Die Interviewer folgern daraus, das Familie in Ostdeutschland einen höheren Stellenwert hat. Die Erfüllung des Kinderwunsches ist aber auch hier keine Selbstverständlichkeit. Denn aus strukturschwachen ostdeutschen Gebieten wandern viele jungen Frauen ab - oft in den Westen.