Knuuuuuutsch: Alles über den Kuss
München (dpa) - Er steht für Liebe und Freundschaft, aber auch für Verrat und Heuchelei: der Kuss. Pünktlich zum Valentinstag (14.2.) gibt ein neues Buch einen Überblick über die vielleicht schönste Nebensache der Welt.
Auf welchem Teenie-Geburtstag passierte es nicht irgendwann? Bei gedimmtem Licht setzte man sich im Kreis zusammen, die Flasche wurde gedreht und es folgten die entscheidenden Worte: „Auf wen die Flasche zeigt, der muss...“ Ja, was wohl: küssen natürlich. Was war das für ein spannendes Spiel - und so lehrreich! Erfuhren wir dabei doch: Ein Kuss kann erstens: viel aufregender sein als der feuchte Schmatzer von Tante Irmgard. Und zweitens: Er ist kein Kinderspiel! Denn küssen, so die leidige Erfahrung, wird bei weitem nicht von jedem einwandfrei beherrscht.
Ein Kuss ist also nicht einfach nur ein Kuss. Aber was dann? „Die anatomische Gegenüberstellung von zwei Ringmuskeln im kontrahiertem Zustand“, wie der Arzt Henry Gibbons im 19. Jahrhundert nüchtern definierte? Natürlich nicht. Ein Kuss, das wissen wir alle, ist viel viel mehr.
Wie viel mehr, das hat die irische Autorin Lana Citron zusammengetragen. Ihr Buch „KussKuss“ gibt einen Überblick. Darin geht es zum Beispiel um die Anatomie und die Evolution des Kusses, aber auch um seine Bedeutung im Wandel der Geschichte, in verschiedenen Lebenswelten, in Film, Kunst und Literatur. Und es zeigt: Küssen ist bei weitem nicht nur das Privileg der Verliebten - sondern wurde und wird zu allen möglichen Zwecken eingesetzt.
Bei den alten Römern etwa küsste man sich auch, um einen Vertrag offiziell zu besiegeln. Die Christen wiederum - obwohl schwer vorbelastet durch den heuchlerischen Judaskuss - drückten sich als Zeichen ihrer Einheit im 5. Jahrhundert die Lippen direkt nach dem Vaterunser aufeinander. Argwöhnische Kritiker sahen darin jedoch eine Gefahr für das sittsame Miteinander - und so wurde der Mund des anderen bald durch hölzerne Kusstafeln ersetzt.
Diese Art zu Küssen hat auch heute noch Bestand - schmatzen wir doch alle möglichen Dinge ab: heilige Bücher zum Beispiel oder Kreuze, Füße oder Hände, Ringe, den Boden, Würfel, die Glück bringen sollen, Siegespokale - und sogar Frösche.
Apropos: Auch Tiere machen vorm Küssen nicht halt. Hier tun sich vor allem unsere engsten Verwandten hervor, die Menschenaffen, und unter ihnen besonders die Bonobos. Die als sexuell freizügig geltenden Primaten sollen, so heißt es, sogar Zungenküsse austauschen.
So munter drauflos geküsst wird allerdings nicht überall. Die Tsonga im südlichen Afrika etwa riefen beim Anblick küssender Europäer entsetzt: „Schaut euch nur diese Leute an! Sie saugen aneinander! Sie essen die Spucke und den Schmutz des anderen!“ Auch bei den Lappen war das Küssen tabu - und das, obwohl Männer und Frauen gemeinsam nackt schwimmen gingen.
Menschen, die häufig küssen, leiden seltener unter Magen-, Blasen- und Blutinfektionen, erklären Wissenschaftler. Außerdem ist Küssen gut fürs Herz, senkt den Blutdruck, stimuliert das Gehirn, setzt ein Glückshormon frei und stärkt das Selbstwertgefühl.
Verliebten ist das beim Küssen natürlich egal. Genauso wie die Tatsache, dass sie dabei mehr als 30 Gesichtsmuskeln bewegen, etwa zwei bis sechs Kalorien verbrauchen und höchstwahrscheinlich den Kopf nach rechts drehen.
Doch ganz ohne Hintergedanken wird - glaubt man Studien - leider auch auf Wolke Sieben nicht geküsst. Frauen, heißt es, küssen, um den Partner auf ihre Tauglichkeit zu testen. Und Männer? Man ahnt es schon: um die Frau ins Bett zu kriegen.
Literatur:
Citron, Lana: KussKuss. Wirklich alles über den Kuss, Verlag sanssouci, München, 256 Seiten, 12,90 Euro, ISBN-13: 978-3-8363-0267-8