Vorbei ist vorbei - Nicht zu viel vom Ex erzählen

Hamburg (dpa/tmn) - Spätestens jenseits der 30 ist klar: Mein Partner hatte Frauen vor mir. Aber muss die Ex in Erzählungen, bei der Einrichtung und im schlimmsten Fall am Arm des Liebsten auftauchen?

Paarberater sagen: nein. Auslöschen lässt sich die Vergangenheit aber nicht.

Mit zunehmendem Alter ist sie futsch: Die eigene Exklusivität, zumindest bei einem neuen Partner. Fast immer gibt es mindestens eine Ex, egal ob Ex-Freundin oder Ex-Frau. Das kann nerven oder auch schmerzen, besonders wenn man selbst den Platz im Leben des anderen noch gar nicht recht gefunden hat. Bei nüchterner Betrachtung weiß man zwar, dass der Mensch aus der Vergangenheit nicht einfach aus dem Leben des anderen verschwindet. Aber wie viel Ex darf es in der neuen Beziehung geben?

Im ersten Beziehungsjahr sollten Erzählungen über die Ex verboten sein, findet der Hamburger Paarberater Jörg Wesner. Da wolle man einfach nicht wissen, dass die Ex eine bestimmte Zahnpasta nie mochte, dafür aber den Sessel im Wohnzimmer. Und dass die Uhr, die der Liebste immer noch am Arm trägt, ein Weihnachtsgeschenk von ihr ist, muss man auch nicht unbedingt erzählen. „Gerade ein solches Geschenk, das der andere stets eng am Körper trägt, ist sehr intim“, sagt Anne Frische, Paar- und Familientherapeutin in Münster. Ist einem dabei unwohl, dürfe man das durchaus zum Thema machen.

„Solche Gespräche sollte man aber immer in entspannter Atmosphäre suchen und nicht in dem Augenblick, in dem man sich ärgert oder verletzt fühlt“, rät die Psychologin und Buchautorin Felicitas Heyne. Außerdem sei es notwendig, den eigenen Stolz zu überwinden und dem anderen seine Verletzbarkeit zu zeigen. „Denn die steckt im Grunde ja dahinter, weil man ganz rational weiß, dass es da schon mal jemanden gab.“ In der Regel habe man ja selbst die ein oder andere Beziehung hinter sich.

Wenig Kompromisse lassen die Paarberater in Sachen Wohnung gelten: „Natürlich gibt es praktische Gründe, dass der eine zu dem anderen zieht, etwa wenn es Eigentum ist“, sagt Wesner. Doch dann dürfe die Ex nicht noch in jeder Ecke präsent sein. Das mindeste sei eine neue Schlafzimmereinrichtung oder wenigstens ein neues Bett. Fühlt man sich bei dem Gedanken, bei dem anderen einzuziehen, von vornherein unwohl, sollte man ohnehin besser darauf verzichten.

Anne Frische rät, dass sich das Paar in einer bestehenden Wohnung wenigstens etwas Gemeinsames schaffen solle. Der andere müsse sich einbringen können. Psychologin Felicitas Heyne plädiert dagegen für einen radikalen Neuanfang: „Alles muss neu sein, zumindest nach und nach.“ Räumlichkeiten hätten einen enormen Symbolwert, der allerdings insbesondere von den Männern häufig unterschätzt werde.

Problematischer wird es, wenn Kinder im Spiel sind. „Die Mutter der Kinder wird immer einen besonderen Platz im Leben des Mannes einnehmen, das muss einem bewusst sein“, sagt Frische.

Das bedeute aber nicht, dass noch Familienfotos herumhängen müssen: „Natürlich gibt es Alben aus längst vergangenen glücklichen Tagen, aber die müssen ja nicht im neuen Wohnzimmer stehen, schon gar nicht gemeinsam betrachtet werden, sondern sind auch im Keller ganz gut aufgehoben“, sagt Heyne.

Mitunter schleicht sich die Präsenz der Ex aber auch wie selbstverständlich in die neue Beziehung ein. „Da hat man am Anfang noch zähneknirschend hingenommen, dass das Bild, das die Ex so gerne mochte, noch immer in der Küche hängt, sich die beiden noch treffen, und doch stört es einen“, sagt Wesner. Dann dürfe man nach einiger Zeit neu verhandeln und das Gespräch suchen. „Dinge verändern sich, sowohl das eigene Unwohlsein mit manchen Dingen, aber auch das Interesse an der Vergangenheit des anderen.“ Vielleicht wolle man irgendwann doch mehr wissen, als man anfänglich selbst gedacht hat.

Dennoch rät Heyne insgesamt zu einer sehr gemäßigten Informationspolitik, wenn es um die Ex geht - nicht zu verwechseln mit Lügen oder kleinen Unwahrheiten. „Man muss es mit der Offenheit ja nicht übertreiben und kann stattdessen die Parole ausgeben: 'Was ich wissen will, das frage ich, aber unaufgefordert brauchst du mir nicht ständig von ihr erzählen.'“

Denn egal, wie alt und abgeklärt man sei, die eigene Austauschbarkeit wolle man sich nur schwer eingestehen. „Man ist eben dann nur eine Folge in einer Serie, und die latente Botschaft lautet, dass alles vergänglich ist“, sagt Heyne. Das aber sei nur schwer auszuhalten, besonders am Anfang einer Beziehung. „Da ist weniger Offenheit sicher sehr hilfreich und förderlich, um eine vertrauensvolle und intime Basis zu schaffen.“