Attraktive Rendite: Was bei Mittelstandsanleihen zählt
Düsseldorf (dpa/tmn) - Die Rendite ist attraktiv: Etwa vier bis neun Prozent Zinsen können Privatanleger bekommen, wenn sie ihr Geld in Anleihen mittelständischer Unternehmen investieren. Doch das ist auch riskant.
Denn bei einer Insolvenz droht ein Totalverlust.
Die Lage ist nicht leicht. Schuldenkrise und strengere Anforderungen machen es den Unternehmen zunehmend schwierig, ihren Kapitalbedarf über die Banken zu decken. Viele Firmen setzen daher auf Anleihen. „Das ist eine gute Alternative, Fremdkapital aufzunehmen“, erklärt Thomas Dierkes, Vorstandsmitglied der Börse Düsseldorf. Daher sind inzwischen nicht nur große Konzerne in diesem Bereich aktiv, sondern zunehmend auch mittelständische Unternehmen.
Das Geschäftsmodell ist einfach: Unternehmen borgen sich über eine Anleihe für einen bestimmten Zeitraum Geld von Anlegern. Dafür stellen die Firmen nicht nur die Rückzahlung des zur Verfügung gestellten Kapitals in Aussicht, sondern bieten auch Zinsen. Der Vorteil für die Unternehmen: Eine Anleihe sei vergleichsweise einfach herauszugeben, sagt Dierkes. Zudem ist das Kapital nicht an weitere Vorgaben gebunden. Anleger wiederum können von den vergleichsweise hohen Zinsen profitieren, die etwa bei fünf bis neun Prozent liegen.
Abgewickelt wird der Handel mit Anleihen in der Regel über die Börse. Am Handelsplatz in Stuttgart wurde dafür 2010 eigens das Segment Bondm ins Leben gerufen. Mit 20 Anleihen und einem Gesamtvolumen von mehr als 1,4 Milliarden Euro ist die Stuttgarter Börse derzeit der größte Handelsplatz für Mittelstandsanleihen in Deutschland. In Düsseldorf gibt es ebenfalls ein eigenes Segment, den Mittelstandsmarkt. Hier werden mittlerweile Anleihen von neun Unternehmen gehandelt, darunter der Schnapshersteller Underberg oder der Süßwarenproduzent Katjes. Aber auch auf dem Parkett in Frankfurt, München oder Hamburg/Hannover werden mittelständische Anleihen gehandelt.
Für Anleger hat der Handel über die Börse einen Vorteil: „Jeder Depotinhaber kann über seine Bank direkt an einer Zeichnung teilnehmen“, erläutert Thomas Dierkes. Doch zu schnell sollten Anleger nicht zugreifen, denn bei Mittelstandsanleihen gibt es einen Haken: „Es besteht das Risiko des Totalausfalls“, gibt Anlegerschutzanwalt Klaus Nieding zu bedenken. Im Falle einer Insolvenz des Unternehmens werden Anleihen nachrangig bedient. „Das heißt, als Anleger steht man am Ende der Reihe.“
Unerfahrene Anleger sollten daher sehr vorsichtig bei solchen Papieren sein. Verbraucherschützer empfehlen, lediglich einen kleinen Teil des Vermögens in Mittelstandsanleihen zu investieren. Je nach Risikobereitschaft eigne sich eine Anleihe nur als Beimischung, findet Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Und ihr Kollege Niels Nauhauser aus Stuttgart ergänzt: „Wenn man ein Vermögen von 30 000 Euro hat, sollte man nicht 10 000 Euro davon in eine einzelne Anleihe investieren.“ Für Kleinanleger seien Fonds besser geeignet, denn da sei das Risiko wesentlich geringer.
Auch erfahrene Anleger sollten sich Zeit nehmen, bevor sie ihr Geld investieren. „Niemand sollte sich nur von den Zinssätzen oder dem bekannten Namen des Unternehmens leiten lassen“, warnt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz in Düsseldorf. „Stattdessen sollte man sich so viele Informationen beschaffen wie möglich.“
Wichtige Quellen sind dabei die jeweiligen Handelsplätze. Denn um ihre Anleihen platzieren zu können, müssen die Unternehmen eine Reihe von Vorgaben erfüllen. Neben einem Wertpapierprospekt sind unter anderem ein Fact-Sheet und das Rating einer Agentur nötig. Ist die Anleihe auf dem Markt, müssen die Unternehmen zudem Halbjahres- und Jahresabschlüsse veröffentlichen und ad-hoc-Meldungen über wichtige Entwicklungen herausgeben. Zu finden sind diese Informationen in der Regel auf den Internetseiten der einzelnen Börsen.
„Diese Informationen sollte man sich genau anschauen“, rät Jürgen Kurz. Denn hier könnten Anleger erfahren, wie das Unternehmen aufgestellt sei und wie es seine Aussichten bewerte. Auch das Geschäftsmodell und das Alter des Unternehmens spielt eine Rolle. Werden etwa neue Technologien ausprobiert oder die Firma ist erst seit Kurzem auf dem Markt, ist Vorsicht geboten.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Höhe des Zinssatzes. Generell gilt: „Je mehr Zinsen gezahlt werden, desto höher das Risiko“, sagt Rechtsanwalt Nieding. „Daher muss man auch genau schauen, wofür das Geld, das mit der Anleihe eingenommen wird, verwendet werden soll.“ Solle das aufgenommene Kapital etwa nur zur Schuldentilgung eingesetzt und nicht investiert werden, sei Vorsicht angebracht. „Wenn für eine Anleihe sieben Prozent Zinsen gezahlt werden, müssen diese sieben Prozent ja auch erwirtschaftet werden“, ergänzt DSW-Sprecher Kurz.