Besser beraten? - Ein Jahr Anlegerschutzgesetz
Stuttgart (dpa/tmn) - Bessere Beratung und mehr Informationen für Privatanleger: Das ist das Ziel des Anlegerschutzgesetzes, das vor einem Jahr vom Bundestag verabschiedet wurde. Doch in der Praxis hat das Gesetz bisher kaum Wirkung entfaltet, finden Verbraucherschützer.
Das Ziel klingt ehrgeizig: „Anleger sollen besser vor falscher Beratung geschützt werden“, erklärte das Bundesfinanzministerium vor einem Jahr. Erreicht werden sollte dies mit dem Anlegerschutzgesetz, das der Bundestag im Februar 2011 verabschiedet hat. Darin wurden unter anderem die Anforderungen an die Anlageberatung erhöht und die Informationspflichten verschärft. Verbraucherschützer sind dennoch nicht zufrieden. Denn nach wie vor könnten sich Kunden nicht immer auf die Beratung verlassen, findet Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart.
Die zusätzlichen Informationen etwa, die Kunden jetzt erhalten, haben nicht unbedingt zu mehr Transparenz geführt. Laut Gesetz müssen die Banken ihren Privatkunden vor Abschluss eines Geschäftes nun ein Informationsblatt aushändigen. „Darin sollen die wesentlichen Informationen über das angebotene Produkt aufgeführt werden“, erklärt Markus Feck von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Auf wenigen DIN-A-4-Seiten erfahren Kunden nicht nur mehr über die Art und Funktionsweise des Produkts, sondern werden auch über die damit verbundenen Risiken und Kosten aufgeklärt.
„Gegen eine fehlerhafte Beratung bietet das keinen Schutz“, sagt Nauhauser. Denn die Produktinformationsblätter gäben den Kunden nicht genügend Informationen an die Hand, um auf Augenhöhe mit dem Berater zu stehen. „Der Beipackzettel von Medikamenten ersetzt ja auch nicht das Medizinstudium.“ Die Informationen seien zudem nicht einheitlich, verschiedene Produkte verschiedener Anbieter daher nicht unbedingt vergleichbar. Für die meisten Verbraucher sei es fast unmöglich, Finanzprodukte zu finden, die wirklich zu ihrem Bedarf passen. „Die Kunden, die es können, brauchen keine Beratung.“ Alle anderen müssten ihrem Berater vertrauen können.
Allerdings hat das Produktinformationsblatt auch Vorteile: Verbraucher könnten darauf relativ schnell erkennen, ob eine Anlage sicher ist oder nicht, sagt Feck. So habe manch ein Kunde möglicherweise aufgrund dieser Information von einem riskanten Investment Abstand genommen.
Grundsätzlich sollten Verbraucher nicht unvorbereitet in eine Beratung gehen, empfiehlt Steffen Steudel von der Deutschen Kreditwirtschaft. „Wichtig ist, sich schon vorher über die eigenen Ziele Gedanken zu machen: Will ich einen Einmalbetrag anlegen, will ich ein Haus kaufen, oder will ich für das Alter vorsorgen?“ Denn nach diesen grundsätzlichen Entscheidungen richte sich bereits viel.
Für das eigentliche Gespräch in der Bank sollten sich Kunden Zeit nehmen und die Informationen über die angebotenen Produkte in Ruhe studieren, bevor die Entscheidung fällt. „Wenn man etwas nicht versteht, sollte man nachfragen.“ Zudem sollten Kunden sich nicht unter Druck setzen lassen. „Wenn man ein ungutes Gefühl hat, sollte man keinen Vertrag abschließen.“
Um sich abzusichern, sollten Kunden außerdem selber aufschreiben, was in dem Gespräch gesagt wurde, empfiehlt Verbraucherschützer Nauhauser. Sein Kollege Markus Feck ergänzt: „Man kann auch einen Zeugen mitnehmen, der sich Notizen macht.“ Das könne helfen, wenn der Kunde wegen fehlerhafter Anlageberatung irgendwann vor Gericht ziehen müsse. Vor allem aber sollte das Beratungsprotokoll der Bank nicht unterschrieben werden, auch wenn der Berater es verlangt. „Das dient eher dem Schutz der Bank“, sagt Nauhauser. Kunden sollten ihr Geld auch nur in Produkte investieren, die sie selbst verstehen.
Bald sollen die Kunden noch besser vor Falschberatung geschützt werden. Denn laut Anlegerschutzgesetz soll die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bis November eine Datenbank anlegen. Sie soll Daten zu Anlageberatern von Banken und Sparkassen enthalten. Wenn die BaFin schwerwiegende Verstöße bei einem einzelnen Berater oder Vertriebsverantwortlichen sieht, kann sie von den Instituten verlangen, dass dieser bis zu zwei Jahre nicht mehr in seiner Position eingesetzt wird.
„Das ist eigentlich ein guter Ansatz“, findet Nauhauser. Allerdings sind die Informationen nicht öffentlich. „Das ist der größte Webfehler des Gesetzes“, meint der Verbraucherschützer. Denn so entsteht nach einer fehlerhaften Beratung kein öffentlicher Druck auf die Institute. Anleger müssten sich daher auch künftig auf sich selbst verlassen.