Betriebsrenten in der Diskussion
Frankfurt/Main (dpa) - Nur wenige Beschäftigte glauben, dass die staatliche Rente für den Ruhestand reicht. Doch nicht jeder sorgt mit einer Betriebsrente vor. Zumal die historisch niedrigen Zinsen nicht spurlos an der betrieblichen Altersvorsorge vorbeigehen.
Das Sparen fürs Alter wird immer schwieriger: Unter dem historischen Zinstief leiden nicht nur Lebensversicherungen, sondern teilweise auch die betriebliche Altersvorsorge. Allerdings glauben nur 18 Prozent der Beschäftigten einer DGB-Umfrage zufolge, dass ihre staatliche Rente gut oder sogar sehr gut für den Lebensabend ausreicht.
Gut jeder zweite sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (60 Prozent) hierzulande hat eine Anwartschaft auf eine betriebliche Altersvorsorge. Zuletzt hat sich der Zuwachs allerdings verlangsamt.
Die Versicherer machen sich daher dafür stark, dass Mitarbeiter gleich mit dem Arbeitsvertrag eine betriebliche Altersvorsorge abschließen. Wenn sie keine Betriebsrente wollen, müssen sie widersprechen (Opting-out).
Arbeitgeber sollten freiwillige Opting-out-Lösungen für ihre gesamte Belegschaft - also auch für bereits bestehende Arbeitsverhältnisse, einführen können, heißt es beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Dafür müssten die gesetzlichen Rahmenbedingungen geändert werden. Derzeit könnten Opting-out-Modelle nur für neu begründete Arbeitsverhältnisse problemlos umgesetzt werden.
Der GDV verweist auf das Beispiel USA. Die Beteiligungsraten bei der betrieblichen Altersvorsorge liegen dort mit Opting-out bei 77 Prozent, ohne bei 67 Prozent. Das Beratungsunternehmen Mercer hält ein freiwilliges Opting-out durchaus für sinnvoll. „Viele Beschäftigte behalten die betriebliche Altersvorsorge, die sie mit dem Arbeitsvertrag abgeschlossen haben, auch aus Trägheit - aber diese kommt ihnen am Ende zugute“, sagt Norman Dreger von Mercer.
Die Arbeitgeber warnen davor, alle Branchen und Unternehmen über einen Kamm zu scheren. Eine gesetzliche Pflicht, mit dem Arbeitsvertrag eine Betriebsrente zu verbinden, lehnen sie ab.
„Wenn, sollten die Tarifpartner einzelner Branchen oder die Unternehmen über eine Einführung des Opting-out entscheiden, aber nicht der Gesetzgeber“, sagt Florian Swyter von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Gerade in der Niedrigzinsphase würde eine staatliche Pflicht der Arbeitgeber zur Einführung des Modells mit weitreichenden Informations- und Hinweispflichten viele Unternehmen zusätzlich belasten.
Wie groß die Unterschiede zwischen den Branchen sind, zeigt der „Alterssicherungsbericht 2012“ der Bundesregierung. Danach haben die meisten Beschäftigten (84 Prozent) der Kredit- und Versicherungsunternehmen eine betriebliche Altersvorsorge. Im Gastgewerbe sind es hingegen nur 26 Prozent.
Was Beschäftigte am Ende ihres Arbeitsleben herausbekommen, lässt sich kaum vorhersagen. Zugesagt werden muss, dass die eingezahlten Beiträge ausgezahlt werden. Entscheidend ist aber, was darüber hinaus auf dem Konto landet. „Dafür gibt es keinen Königsweg“, sagt Thomas Hagemann von Mercer.
Pensionskassen und die Direktversicherung - eine Lebensversicherung, die der Arbeitgeber für die Beschäftigten abschließt - sind abhängig von den Kapitalmarktzinsen. Der Garantiezins für neue Direktversicherungsverträge liegt bei 1,75 Prozent.
Für Pensionskassen, die oft noch eine garantierte Verzinsung von 3,5 bis 4 Prozent der Beiträge zugesagt haben, kann es in Zeiten anhaltend niedriger Zinsen schwierig werden, diese zu erwirtschaften, berichten die Experten von Mercer. Unabhängig von der Kapitalmarktentwicklung ist die Direktzusage des Arbeitgebers. Sie hängt von der Entwicklung des Unternehmens ab.
Aus Sicht von Verbraucherschützern kann eine flächendeckenden kapitalgedeckte Altersvorsorge durchaus Sinn machen, vorausgesetzt: „Sie ist so effizient wie beispielsweise in Schweden“, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Dazu müsste allerdings das bisherige System umgekrempelt werden. Am sinnvollsten aus Sicht des Verbraucherschützers wäre die Einführung eines Vorsorgefonds, der sich an dem Modell staatlicher Pensionsfonds in Skandinavien orientiert. „Dieser legt das Geld sehr solide an und ist ausschließlich den Interessen seiner Beitragszahler verpflichtet, eigene Gewinnziele verfolgt er - im Gegensatz zu privaten Finanzinstituten - nicht.“