Bundesgerichtshof rügt Rewe wegen Irreführung der Verbraucher
Karlsruhe (dpa) - Wegen des unerwartet großen Kundenansturms brach der Handelsriese Rewe eine Treuepunkte-Aktion vorzeitig ab. Der Bundesgerichtshof hält diesen Umgang mit Kunden für nicht akzeptabel.
Rabattmarken seien „einen Art Währung“, die nicht verfallen dürfe.
Kundenfreundlichkeit sieht anders aus: Deutschlands zweitgrößter Lebensmittelhändler Rewe hat nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs die Verbraucher in die Irre geführt. Rewe hatte im Frühjahr 2011 eine Treuepunkte-Aktion wegen des unerwartet großen Kundenansturms vorzeitig abgebrochen. Die Folge: Viele Verbraucher blieben auf ihren halbgefüllten Rabattheften sitzen.
Doch so leicht hätte es sich Deutschlands zweitgrößter Lebensmittelhändler nicht machen dürfen, entschieden die Karlsruher Richter in einer am Freitag veröffentlichten Entscheidung. Rabattmarken seien „eine Art Währung“, die nicht einfach verfallen dürfe. Der Handelsriese gelobte Besserung.
Bei der in Zusammenarbeit mit dem bekannten Messerhersteller Zwilling durchgeführten Aktion konnten die Rewe-Kunden für ein Heft voller Treuepunkte und einen geringen Aufpreis ein Messer des Markenherstellers erwerben. Die Aktion startete im Frühjahr 2011 und sollte eigentlich bis zum 23. Juli dauern. Doch beendete das Unternehmen sie schon zwei Monate früher, weil der Vorrat von 3,2 Millionen Messern verkauft war. Gegen dieses Vorgehen hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg geklagt. Sie sahen darin eine Irreführung der Verbraucher.
Die Karlsruher Richter gaben den Verbraucherschützern recht (Az. I ZR 175/12). Nach Auffassung des Gerichts hätte der Kölner Handelsriese den Ansturm vorhersehen müssen. Denn bei zwei Aktionen im Jahre 2010 mit Handtüchern der Marke „Möwe“ und Kochtöpfen des Herstellers WMF, seien mehr als 3 Millionen beziehungsweise 4,2 Millionen Stück verkauft worden.
Nach Einschätzung der Richter hätte der Handelskonzern den enttäuschten Kunden wenigstens eine Alternative anbieten müssen, „beispielsweise den Erwerb einer anderen Ware, den Erwerb der ausgelobten Messer zu einem deutlich späteren Zeitpunkt, zu dem der Hersteller wieder zu liefern imstande gewesen wäre, oder durch Gewährung eines Einkaufsgutscheins“. Schließlich habe das Unternehmen mit den Rabattmarken eine Art Währung ausgegeben. Kunden hätten nicht damit gerechnet, dass die Treuepunkte „einfach verfallen und keinerlei Wert mehr haben sollen“.
Die Kunden seien bei derartigen Treueaktionen besonders schutzbedürftig, betonte das Gericht. Denn sie träten quasi in Vorleistung, in dem sie verstärkt bei dem Händler einkauften und manchmal auch bewusst mehr Geld ausgäben, um in den Genuss weiterer Treuepunkte zu kommen.
Rewe gelobte angesichts der Richterschelte Besserung. „Wir werden bei zukünftigen Treuepunkte-Aktionen so planen, dass alle Kunden zufriedengestellt werden können. Einen vorzeitigen Abbruch wird es nicht mehr geben“, beteuerte ein Unternehmenssprecher. Jeder Kunde, der sich beschwert habe, habe aber auch damals noch ein Messer bekommen.