Das diskrete Geschäft mit Manager-Fehlern
Frankfurt/Main (dpa) - Wenn Manager Fehler machen, kann es teuer werden - auch für sie selbst. Im Zweifelsfall müssen sie Millionen aus der Privatschatulle zahlen.
Für Versicherer ist die Sorge von Führungskräften, in Regress genommen zu werden, ein Geschäft - allerdings nicht ohne Tücken. Obwohl weniger Firmen pleite gehen, werden der Branche zufolge immer häufiger Managerhaftpflichtversicherungen bei Insolvenzen in Anspruch genommen.
„In den letzten fünf Jahren stellen wir einen signifikanten Anstieg insbesondere im Bereich der Insolvenzen fest“, sagt Diederik Sutorius, Geschäftsführer der Versicherungsgemeinschaft VOV, hinter der Assekuranzen wie Generali oder HDI-Gerling stehen.
Die aus den USA stammende Versicherung - auch D&O (Director's and Officer's Liability Insurance) genannt - versichert Führungskräfte, zum Beispiel Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder. Sie haften persönlich gegenüber Behörden, Banken und Gläubigern, aber auch gegenüber dem eigenen Unternehmen. Die Versicherung springt ein, wenn ein Manager seine Pflichten verletzt hat.
Nicht zahlen müssen Versicherer, wenn der Manager vorsätzlich handelte, er wesentlich von den Beschlüssen des Unternehmens abgewichen ist, oder Straftaten begangen hat. „Deutlich gestiegen ist die Inanspruchnahme von Führungskräften bei Insolvenzen“, sagt auch Rechtsanwalt Oliver Damerius.
Ein Grund für den Anstieg liegt für Sutorius in der immer wieder umstrittenen Frage: Wann konnten Geschäftsführer oder Vorstand erkennen, dass das Unternehmen in Schieflage gerät? Macht der Manager trotz Warnsignalen weiter, haftet er für alle Auszahlungen nach diesem Zeitpunkt. „Wenn ein Manager erkennt, dass nicht mehr alle Gläubiger bedient werden können, darf er nicht weitermachen“, sagt Damerius. Doch wann der Zeitpunkt X ist, ist nicht immer so einfach zu bestimmen.
Damerius sieht zudem einen Trend „auch unternehmerische Fehlentscheidungen als Pflichtverletzung darzustellen und die Versicherung in Anspruch zu nehmen, der betroffene Manager bleibt aber an Bord“, sagt der Experte von der Kanzlei Bernsau Brockdorff & Partner. Er vertritt Unternehmen, deren Führungskräfte sowie Insolvenzverwalter.
Das Hauptproblem aus Sicht von Sutorius: Manager haften schon bei leichter Fahrlässigkeit und sie müssen beweisen, dass sie ihre Pflichten nicht verletzt haben. „Die Kombination aus leichter Fahrlässigkeit und Beweislastumkehr ist fast toxisch, der Manager ist ganz schnell in der Haftung.“ Bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Unternehmen und Manager werde die Drohung mit einem Haftungsprozess durchaus als Druckmittel eingesetzt, um die Abfindung zu schmälern. „Die Haftung sollte erst bei grober Fahrlässigkeit beginnen“.
Damerius hält dagegen: „Das würde viele Fälle ausschließen, zum Beispiel interne Organisationsmängel, die zu gefährlichen Produktfehlern geführt haben.“ Geschädigte würden in einem solchen Fall leer ausgehen.
Nach Schätzungen des Industrieversicherungsmaklers Marsh bieten in Deutschland etwa 35 bis 40 Assekuranzen D&O-Versicherungen an. Detaillierte Angaben über die Zahl der Versicherten und die Höhe der gezahlten Summen dieser speziellen Haftpflichtversicherung gibt es allerdings nicht. Die Branche ist um Diskretion bemüht. Welcher Manager möchte schon gern seinen Namen in der Presse lesen, wenn es um mögliche Millionenschäden geht.
Aus Kundensicht läuft allerdings nicht alles rund. „Das Wort Kulanz hat inzwischen keine Bedeutung mehr. Die Verträge werden buchstabengetreu ausgelegt“, sagt Stefan Steinkühler, D&O-Spezialist bei Marsh. Die Abwicklung selbst könne sich mehrere Jahre hinziehen. „Die schnellste Schadensregulierung, die ich erlebt habe, dauerte etwa sechs Monate.“