Depot oder Sammlermarkt? Umgang mit effektiven Stücken
Berlin (dpa/tmn) - Manchmal kann ein Stück Papier eine Menge Geld wert sein. Das zeigt folgende Geschichte: Eine Frau ging verärgert zur Bank. In der Hand hatte sie ein Stück Papier, das sie von ihrem Ex-Mann geschenkt bekam.
„Der war wohl zu faul, sich darum zu kümmern und hat es verschenkt“, sagt Andreas Görler, Vermögensverwalter bei der Wellinvest Pruschke & Kalm GmbH in Berlin.
In dem Fall wäre der Mann mal lieber selbst aktiv geworden: Denn das Stück Papier stellte sich als Aktie des Zoologischen Gartens in Berlin heraus. Der Zeitwert damals, im Jahr 2000: 18 000 Deutsche Mark. „Die Kundin lächelte dann wieder wie gewohnt“, erzählt Görler. Der Weg zur Bank hatte sich für die Dame auf jeden Fall gelohnt.
Was die Frau da bei der Bank eingereicht hat, war ein effektives Wertpapier, auch effektives Stück genannt. So heißen Aktien, Anleihen oder Fondsanteile, die in Papierform vorliegen. „Diese werden so gut wie nicht mehr ausgegeben“, sagt Miye Kohlhase vom Bundesverband deutscher Banken (BdB).
Dennoch tauchen alte effektive Stücke immer wieder beim Aufräumen von Dachböden, Kellern und Schließfächern im Erbschaftsfall auf, erzählt Uwe Zimmer, Vorstand bei der Meridio Vermögensverwaltung AG in Köln. „Da findet man hin und wieder Tafelpapiere, die der Großvater gekauft hatte.“ Tafelpapiere, so heißen effektive Stücke umgangssprachlich.
Neuere effektive Stücke haben vielleicht eine Wertpapierkennnummer (WKN). Mit der WKN kann der Wert des Papiers online ermittelt werden. Auf vielen Papieren steht aber keine WKN - oder das Papier ist nicht mehr aktuell. „Dann sollte man seine Hausbank konsultieren“, sagt Kohlhase. Die kann feststellen, ob es sich um ein Wertpapier handelt und den Wert ermitteln.
Es gibt aber Alternativen zur Hausbank, sagt Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Bei älteren Wertpapieren könne sich eine Recherche in Eigenregie auf spezialisierten Webseiten lohnen. Dazu zählen laut Bauer das Portal sammleraktien-online.de und hwph.de von der Historisches Wertpapierhaus AG.
Die Einlieferung in ein Depot sollten Tafelpapier-Besitzer genau bedenken: „Sie lohnt sich etwa dann, wenn die Anteile noch an der Börse gehandelt werden und man die Dividendenausschüttung garantiert haben will“, sagt Bauer. Ein weiterer Grund: Man will die effektiven Stücke lange behalten und sicher aufbewahrt wissen.
Wer sie bald verkaufen will, liefert sie lieber nicht ein. Denn die Einlieferung kostet Gebühren, ebenso wie die Auslieferung. „Die ist für einen Verkauf nötig, weil die meisten Tafelpapiere nicht mehr direkt gehandelt werden“, erklärt Bauer. Und die Auslieferungskosten sind laut dem SdK-Experten um einiges höher als Broker-Gebühren, die beim normalen Aktienhandel fällig werden.
Bei der Einlieferung ins Depot rät BdB-Expertin Kohlhase, die Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Denn bei so manchen exotischen effektiven Stücken können Aufwand und Nutzen in einem Missverhältnis stehen: Die Spesen, die für Wertermittlung und Einlieferung ins Depot anfallen, können den Wert des Papiers übersteigen. „Gerade bei speziellen Stücken aus dem Ausland, die nur ins jeweilige Land eingeliefert werden können, ist das unter Umständen durch den versicherten Werttransport der Fall.“
Nur Genossenschaftsbanken, Sparkassen und größere Kreditinstitute wie Commerzbank oder Deutsche Bank nehmen Tafelpapiere meist überhaupt an, sagt Bauer. Er schätzt, dass bei der Einlieferung für jede Sorte 50 bis 100 Euro Gebühren anfallen. „Wer etwa sechs effektive Stücke vom Zoologischen Garten Berlin einliefert, zahlt einmal die Gebühr.“
Während die Dame vom Anfang der Geschichte mit ihren Anteilen am Zoologischen Garten unerwartet das große Los gezogen hat, können alte Tafelpapiere aber auch Enttäuschungen bereithalten: Gibt es die Firma nicht und keinen Rechtsnachfolger mehr, sind die Stücke wertlos. „Sie kann man sich einrahmen und an die Wand hängen“, sagt Vermögensverwalter Zimmer. „Sie werden dann zum Nonvaleur.“