Eltern von Schulschwänzern sollten sich Hilfe holen
Die Gründe für das Fernbleiben vom Unterricht sind vielfältig. Ein Patentrezept für den Umgang mit dem Problem gibt es allerdings nicht.
Essen. Schule schwänzen ist kein Kavaliersdelikt. Wenn Schüler regelmäßig im Unterricht fehlen, vielleicht sogar Wochen oder Monate lang gar nicht in die Schule gehen, können sie sich ihre eigene Zukunft verbauen. Und die Chancen, ohne Schulabschluss einen Ausbildungsplatz zu ergattern, sind ebenfalls gering.
Genaue Zahlen, wie viele Schüler regelmäßig schwänzen, gibt es nicht. Studien zufolge bleiben deutschlandweit bis zu zehn Prozent der Kinder und Jugendlichen mehr als zweimal pro Monat dem Unterricht unentschuldigt fern.
„Die Gründe für das regelmäßige Schule schwänzen sind vielfältig“, sagt Prof. Johannes Hebebrand, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie an den Rheinischen Kliniken in Essen. Das können Probleme zu Hause sein, eine Überforderung im Unterricht, Mobbing oder auch psychische Störungen, wie Angstzustände und Depressionen. Seiner Meinung nach sollte das Schwänzen von Anfang an ernst genommen und thematisiert werden. Denn je länger die Probleme bestehen, desto schwieriger sind sie zu lösen.
Das meint auch Rainer Schütz, Geschäftsführer des Vereins Nummer gegen Kummer in Wuppertal. „Wenn mal geschwänzt wird, kann man das tolerieren. Aber wenn das regelmäßig passiert, muss von Seiten der Eltern und der Schule reagiert werden“, sagt Schütz. Oft passiere es allerdings, dass die Eltern gar nichts von dem Problem erführen.
Es sind nicht die Schulschwänzer, die bei der Nummer gegen Kummer anrufen, sondern deren Eltern. Ihnen wird dort geraten, mit ihren Kindern zu sprechen, den Ursachen gemeinsam auf den Grund zu gehen und eine Lösung zu suchen. Hilfreich kann es auch sein, wenn ein Lehrer an dem Gespräch teilnimmt.
Experten wie Hebebrand und Schütz tun sich schwer damit, pauschal geeignete Maßnahmen gegen das Schule schwänzen zu nennen. Denn nach der Erfahrung der beiden sind die Gründe hierfür sehr unterschiedlich. „Es ist eben etwas ganz anderes, ob ein Kind nicht gerne zur Schule geht, weil es Mobbing fürchtet oder vielleicht an ADHS leidet“, erklärt Schütz.
Nach Ansicht des Bochumer Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Maik Herberhold, gibt es noch einen anderen Grund für permanentes Schwänzen. „Es handelt sich um eine Störung des Sozialverhaltens“, sagt der Vorsitzende des Berufsverbands für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland. Die Kinder und Jugendlichen würden mit ihrem Verhalten sehr deutlich ausdrücken, dass ihnen ein emotionaler Halt fehlt oder nicht genügend vorhanden ist. Gerade für die Kinder wäre ein geregelter Tagesablauf wichtig und sie dürften nicht allein gelassen werden.
In den Familien dieser notorischen Schulschwänzer gibt es oft schwere Probleme oder Konflikte, zum Beispiel Geldnöte oder Krankheit. Einige Eltern würden ihre Vorbildfunktion nicht ernst genug nehmen. Oft übernehmen Kinder dann diese Gewohnheiten. Wenn Eltern sich zum Beispiel ohne triftigen Grund bei der Arbeit krankmelden, sei es kein Wunder, wenn die Kinder in der Schule es genauso machen.