Gericht: Friedfertige Demonstranten nicht filmen
Münster (dpa) - Seit Jahren lassen Polizisten bei Demonstrationen Kameras mitlaufen. Wenn die Lage eskaliert, drücken sie die Aufnahmetaste. Atomgegner aus Nordrhein-Westfalen haben gegen die Praxis geklagt und gewonnen.
Die Polizei darf eine friedliche Kundgebung von Atomgegnern nicht filmen. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster in einem am Montag (29. November) veröffentlichten Beschluss (Aktenzeichen: 5A 2288/09). Auch wenn die Szenen nur in ein Einsatzfahrzeug übertragen und noch nicht aufgezeichnet werden, sei das Vorgehen ein rechtswidriger Eingriff in Grundrechte.
„Bürger hätten aus Sorge vor staatlicher Überwachung von der Teilnahme an der Versammlung abgeschreckt werden können“, heißt es in der Entscheidung zum Demonstrationsrecht. Außerdem hätten sich die Teilnehmer überwacht und eingeschüchtert fühlen können. Die Gewerkschaft der Polizei sprach von einer „krassen Fehlentscheidung“.
Konkret ging es um eine Kundgebung „Urantransporte stoppen“, zu der sich vor zwei Jahren in Münster 40 bis 70 Menschen versammelt hatten. Dort hatten die Beamten vorsorglich Aktivisten gefilmt. Diese klagten dann. Die Polizei musste bereits in erster Instanz eine Niederlage einstecken - das OVG lehnte jetzt auch die Berufung ab.
Polizisten lassen die Kamera laufen, um im Notfall mitzuschneiden. Die Vorschriften lassen aber nur Videobeobachtung von Gewalttätern zu, wie es in der Entscheidung heißt. Eine Lösung wäre es demnach gewesen, wenn „eine im Stand-by-Modus geschaltete Kamera erkennbar von der Versammlung abgewendet worden wäre“. Bei Bedarf hätte die Kamera dann in Sekunden auf Gewalttäter gerichtet werden können.
Es hat bereits mehrere Prozesse in niederen Instanzen gegeben. So hatte das Verwaltungsgericht Berlin in diesem Juli geurteilt, dass für das Filmen friedlicher Demonstranten jede Rechtsgrundlage fehle.