Gute Zinsen nicht erwünscht - Wie Kunden um Rendite gebracht werden

Stuttgart (dpa/tmn) - Es ist schon traurig: Weniger als ein Prozent Zinsen bekommen Sparer im Schnitt für Geld auf einem Tagesgeldkonto. Alte Sparverträge sind lukrativer - hier gibt es vier Prozent und mehr.

Geldinstituten sind solche Kunden mitunter ein Dorn im Auge.

Eigentlich ist Kundenbindung für Unternehmen wichtig. Denn mit treuen und zufriedenen Kunden lassen sich im Laufe der Zeit in der Regel viele Geschäfte machen. Manche Geldinstitute sehen das offenbar anders: „Einigen Geldhäusern sind Altverträge mittlerweile eher zu einer Last geworden“, hat Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg beobachtet.

Der Hintergrund: Wer vor 10 oder 15 Jahren einen langfristigen Sparvertrag unterschrieben hat, dem wurden Zinsen von 4 Prozent und mehr versprochen. „Damals war das Zinsniveau insgesamt höher“, erklärt Nauhauser. Entsprechend hoch waren die Sparzinsen. Die lange Niedrigzinsphase hat sie aber ordentlich schrumpfen lassen. Daher versuchen manche Banken langjährige Kunden loszuwerden.

Für Aufsehen sorgte jüngst ein Fall in Baden-Württemberg: Dort hatte eine Sparkasse ihren Kunden vor Ablauf der fest vereinbarten Vertragszeit mit einer Kündigung der Sparverträge gedroht. Diese waren mit einer Laufzeit von 25 Jahren abgeschlossen wurden - mit steigenden Zinssätzen. „In dem Schreiben wurde einfach behauptet, das Kündigungsrecht ergebe sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch“, sagt Nauhauser. Für den Deutschen Sparkassen- und Giroverband allerdings ein Einzelfall. „Selbstverständlich erfüllen Sparkassen geschlossene Verträge“, erklärt eine Sprecherin.

Verbraucherschützer beobachten allerdings etwas anderes. Denn auch in anderen Bundesländern versuchen manche Geldhäuser, ihre Kunden dazu zu überreden, ihren alten, gut verzinsten Vertrag in einen neuen umzutauschen. Die Mittel sind hier ähnlich: In den Schreiben an die Kunden wird ebenfalls mit Kündigung gedroht. „Das Ziel ist, die Zinsen gewaltig in den Keller zu drücken“, erklärt Eckhard Balke von der Verbraucherzentrale Thüringen.

Ein solches Vorgehen ist nicht rechtens: „Langfristige Sparverträge, die für eine konkret bestimmte Ansparphase einen Bonuszins versprechen, können vor dem Ende der Laufzeit von dem Institut nicht einfach gekündigt werden“, hat das Institut für Finanzdienstleistungen (iff) in Hamburg festgestellt. Sofern keine Laufzeit vereinbart wurde, könne der Vertrag von beiden Seiten mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

Nicht ganz rechtens ist auch eine andere Masche der Geldinstitute. „Kunden wurden oft Bonuszinsen versprochen, wenn sie die lange Vertragslaufzeiten von bis zu 25 Jahren einhalten“, erklärt Niels Nauhauser. Ausgezahlt werden sollten die Bonuszinsen meist bei Vertragsende. Das Problem: Seit Vertragsabschluss wurde die jährliche Verzinsung der Verträge dem sinkenden Zinsniveau angepasst.

„Die Bank kann sich bei laufenden Sparverträgen zwar das Recht vorbehalten, die Zinsen anzupassen“, erklärt Nauhauser. „Allerdings darf das nicht willkürlich geschehen.“ Denn laut Rechtsprechung müssen die Banken einen nachvollziehbaren Referenzzins nennen.

Verbraucher sollten daher einen kritischen Blick in ihre Unterlagen werfen. „Zinsklauseln mit dem Zusatz "zur Zeit" sind oft angreifbar“, erklärt Nauhauser. „Dann muss die Bank offenlegen, nach welchem Referenzzins sie die Zinsen angepasst hat.“ Auch von einer angedrohten Kündigung sollten sich Kunden nicht einschüchtern lassen, findet Eckhard Balke. „Sie sollten die Kündigung zurückweisen.“ Denn oft sei die Argumentation der Institute nicht haltbar. Hilft das nicht weiter, können Kunden sich an den Ombudsmann wenden.