Kartenzahlung: Was die neuen EU-Regeln Verbrauchern bringen
Brüssel (dpa) - Wenn ein Kunde im Geschäft mit seiner Karte zahlt, fallen Gebühren an. Das macht den Einsatz von EC-Karten und Kreditkarten teurer, als wenn der Verbraucher Bargeld benutzt.
Manche Läden akzeptieren deshalb keine Karten oder erst ab bestimmten Beträgen. Das soll sich ändern. Die EU will künftig europaweit diese Extra-Kosten senken. Nach einem Beschluss des EU-Parlaments werden die Gebühren gedeckelt. Davon dürften vor allem Händler profitieren - und vielleicht auch der Kunde. Fragen und Antworten dazu:
Welche Änderung hat das EU-Parlament beschlossen?
Künftig gibt es Grenzen für die sogenannten Interbankenentgelte. Diese Gebühren stellt die Bank des Kunden der Bank des Einzelhändlers in Rechnung, wenn der Verbraucher per Karte zahlt. Die Höhe bemisst sich am Einkaufswert. Die Bank zieht diese Gebühr von dem Zahlbetrag des Händlers ab. Das bekommt letztlich auch der Kunde zu spüren, weil der Händler oder Dienstleister die Kosten auf den Endpreis schlägt. Die EU-Kommission rechnet vor: Kauft ein Kunde eine Kamera für 100 Euro und zahlt mit Karte, fallen bei einer Zahlung mit Maestro im Schnitt 30 Cent an. Benutzt der Käufer eine Kreditkarte, ist es 1 Euro; bei einer Mastercard Gold erhöht sich der Betrag auf 1,50 Euro, bei einer Diners Karte auf 2 Euro.
Wie lauten die neuen Obergrenzen?
Für Kreditkarten gilt bei den Entgelten ein Limit von 0,3 Prozent des Zahlbetrags, für Debitkarten - etwa die in Deutschland beliebten EC-Karten - 0,2 Prozent. Bislang sind die Sätze in den 28 EU-Staaten sehr verschieden, Deutschland steht mit einem Limit von 1,8 Prozent bei Kreditkarten an der Spitze. Die Vorgaben gelten bei inländischen sowie grenzüberschreitenden Zahlungen. Für Debitkarten können die EU-Staaten alternativ eine Gebühr von fünf Cent einführen. Bei Bargeld-Abhebungen an Geldautomaten greifen die Limits nicht.
Wer profitiert davon?
In erster Linie Einzelhändler und Dienstleister. Nach Berechnungen der EU-Kommission zahlen Europas Einzelhändler derzeit jedes Jahr etwa zehn Milliarden Euro an Extrakosten bei Kartenzahlungen. Diese Summe werde um sechs Milliarden Euro sinken.
Spart auch der Verbraucher Geld?
Das ist umstritten. Das Europaparlament geht davon aus, dass die Händler die Einsparungen an den Kunden weitergeben. Zahlen nennt das Parlament nicht. EU-Finanzmarktkommissar Jonathan Hill sagt, da die Kosten für die Händler sinken, dürfte sich dies „für die Verbraucher in Preissenkungen niederschlagen.“
Könnte der Kunde auch der Verlierer sein?
Ja, warnen Branchenexperten. Kostenlose Kreditkarten könnten seltener werden. Die Anbieter von Kreditkarten planten bereits, zum Ausgleich von den Verbrauchern höhere Jahresgebühren für Kreditkarten zu verlangen. Angedacht werde auch, die mit den Karten verbundenen Leistungen einzuschränken - etwa Versicherungen, Punkte-Aktionen oder Bonusmeilen. „Einer zahlt immer und dieser eine ist immer der Verbraucher“, kritisiert der EU-Abgeordnete Steven Woolfe von der eurokritischen UKIP-Partei.
Der Anbieter Mastercard hatte eine Studie zitiert, wonach in Spanien nach einem ähnlichen Schritt die Jahresgebühr für Kreditkarten von durchschnittlich 23 Euro im Jahr 2005 auf mehr als 30 Euro im Jahr 2010 stieg. Die Deutsche Kreditwirtschaft erwartet keine Entlastung für den Verbraucher und warnt, die neuen Regeln würden „die Wirtschaftlichkeit von Kartenzahlungen in Frage stellen.“
Werden die Abrechnungen besser verständlich?
Ja. „Künftig ist klar ersichtlich, wie hoch die Entgelte bei Kartenzahlungen sind und wer sie bekommt“, sagte der CDU-Europaabgeordnete Burkhard Balz. „Bisher sind die Entgelte oft verschleiert oder werden quersubventioniert.“
Welche Kreditkartenanbieter sind betroffen?
Vor allem die beiden Marktführer, die US-Unternehmen Mastercard und Visa. Sie haben gemeinsam einen Marktanteil von 90 Prozent. Seit Jahren geht die EU-Kommission gegen deren Gebühren vor, die aus ihrer Sicht überhöht sind. Ausgenommen von den neuen Regeln sind American Express und Diners Club, weil sie ihre Karten selbst ausgeben und ohne zwischengeschaltete Banken auskommen. Auch Firmenkarten, die nur für geschäftliche Zahlungen benutzt werden, sind ausgenommen. Diese Schlupflöcher kritisiert die EU-Abgeordnete Sophie in'T Veld (Liberale) und fordert: „Weitere Schritte sind dringend nötig.“ Der Anbieter Mastercard fürchtet Wettbewerbsnachteile und verlangt von den EU-Staaten, „das Prinzip der Gleichberechtigung zu respektieren.“
Wie weit verbreitet sind Kreditkarten eigentlich?
Nach Angaben der EU-Kommission haben die rund 500 Millionen EU-Bürger etwa 727 Millionen Zahlkarten in ihren Portemonnaies.
Wann treten die Änderungen in Kraft?
In sechs Monaten, also frühestens im September. Der EU-Ministerrat muss den Plänen noch zustimmen, dies gilt aber als Formalie.