Lebensversicherung: Hohe Überschussbeteiligung statt Garantiezins
Die ersten Versicherer bieten ihren Kunden inzwischen Lebensversicherungen ohne Garantiezins an. Im Gegenzug sollen die Versicherten dafür eine höhere Überschussbeteiligung erhalten. Lohnt sich das? Wir haben genau hingeschaut.
Die Lebensversicherer leiden unter den niedrigen Zinsen. Für die Unternehmen ist es schwierig, hohe Garantiezinsen zu zahlen und für die Zukunft zu versprechen. Deshalb bieten Ergo und Allianz nun eine Lebensversicherung ohne Garantieverzinsung an — also nicht einmal der gesetzliche Mindestzins von 1,75 Prozent ist im Vertrag vorgesehen. Dafür sollen Sparer jedoch eine höhere Überschussbeteiligung von 0,3 Prozent gegenüber den klassischen Tarifen erhalten. Und garantiert ist immerhin das eingezahlte Geld und eine Mindestrente.
Verbraucherschützer kritisieren Angebote dieser Art. „Eine Lebensversicherung ohne Garantiezins — diese Perspektive braucht niemand“, sagt Tobias Weissflog, Vorstandsvorsitzender beim Bund der Versicherten (BdV). „Die Versicherung ist unkalkulierbar, denn Kunden haben keine Gewissheit über die Höhe der Mindestzinsen.“ Das einzige, was sicher sei, sei die Deckung der Kosten für die Allianz, so Weissflug. Auch Herman-Joseph Tenhagen von der Zeitschrift Finanztest hält nichts von den Policen: „Für Neuabschlüsse sind Lebensversicherungen ohne Garantiezins keine Alternative.“
Es sind gleich mehrere Punkte, die von den Verbraucherschützern als negativ kritisiert werden. Erstens gilt die Kapitalgarantie erst am Vertragsende. „Damit führt jede vorzeitige Kündigung zu deutlich höheren Verlusten als bei einer Sparanlage“, sagt Weissflog. Zweitens ist die Höhe der Überschussbeteiligung unsicher, denn sie wird jährlich neu festgelegt. Ist ein Jahresergebnis des Versicherers schlecht, kann die Gutschrift für die Lebensversicherung niedrig ausfallen. Nach mehreren schlechten Jahren kann das angestrebte Renditeplus durch die höhere Überschussbeteiligung schnell verloren sein. Bleibt unterm Strich nur der Kapitalerhalt, „kann man das Geld gleich unters Kopfkissen legen“, sagt Weissflog. Dann sei es auf jeden Fall morgens noch da. Zwar verspricht die Allianz bei Lebensversicherungen ohne Garantiezins, die Kundengelder offensiver am Kapitalmarkt zu investieren und so höhere Überschüsse zu erwirtschaften — doch dies hätte sie bislang auch schon gekonnt.
Auch die hohen Kosten für die Policen stoßen auf Kritik. Laut Allianz liegen sie für Lebensversicherungen ohne Garantiezins bei 1,06 Prozent der deklarierten Gesamtverzinsung. Die Kosten werden vertraglich festgeschrieben. Das belastet den Ertrag. Nach Angaben der Allianz sinkt dadurch die aktuelle Gesamtverzinsung von brutto 4,61 Prozent auf netto 3,55 Prozent. Das bedeutet: 100 Euro, die ein Versicherter einzahlt, schrumpfen zu 84 Euro Sparbeitrag. Die restlichen 16 Euro verzehrt die Allianz als Kosten. Andere Versicherer würden mit deutlich weniger Kosten auskommen, so der BdV.
Tipp: Verbraucherschützer raten dazu, Risikoschutz und Sparvorgang zu trennen. Statt einer Kapitallebensversicherung sollten Verbraucher besser auf Vorsorgeprodukte mit Garantiezinsen und staatlicher Förderung setzen - beispielsweise die klassische Riester-Rente.