Null-Prozent-Finanzierung verleitet zu unüberlegtem Konsum
Im deutschen Einzelhandel boomt der Kauf auf Pump. Immer öfter kommen Elektronikhändler und Möbelhäuser ihren Kunden mit einer kostenlosen Ratenzahlung entgegen. Doch die scheinbaren Schnäppchen entpuppen sich nicht selten als Kostenfallen. Heute kaufen, morgen zahlen — früher kostete dieser Service einen ordentlichen Aufpreis.
Aktuell findet sich jedoch kaum noch ein Einzelhändler, der seinen Kunden die kostenlose Ratenzahlung verwehrt. Denn kaum eine andere Verkaufsmasche eignet sich besser als die Gratis-Finanzierung dazu, Verbraucher zu Lustkäufen zu verleiten. Das zeigt auch eine Erhebung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK): 53 Prozent der befragten Kunden gaben an, dass sie bereits mindestens einen Kauf getätigt haben, auf den sie ohne Möglichkeit zur Ratenfinanzierung verzichtet hätten.
Das günstige Zinsniveau auf dem deutschen Kreditmarkt macht Kooperationen zwischen Händlern und Banken für den Einzelhandel attraktiv. Verbraucherschützern zufolge ist die Null-Prozent-Finanzierung jedoch alles andere als ein Geschenk an die Kunden. Vermehr verleiten die stark beworbenen Finanzierungsmöglichkeiten zu einem unüberlegten Konsum. Wer hier den Überblick verliert, kann schnell in die Schuldenfalle geraten. Hinzu kommt, dass Kunden bei Finanzierungsangeboten nur selten ein günstiges Produkt erwerben. Sämtliche Kosten für die Kreditfinanzierung sind in der Regel in den Verkaufspreis eingerechnet. Und zu den attraktiv kleinen Raten gesellen sich nicht selten eventuelle Kontoführungsgebühren, optionale Versicherungen und Kosten aufgrund einer unklaren Rückzahlungsregelung. Zudem begeben sich Ratenzahler in eine Verhandlungsposition, die mögliche Barzahlerrabatte ausschließt.
Dennoch sind immer mehr Menschen in Deutschland auf Ratenfinanzierungen angewiesen, wenn sie beispielsweise eine kaputte Waschmaschine ersetzen müssen. Rechtlich gesehen sind Verbraucher mit einer Null-Prozent-Finanzierung jedoch schlechter gestellt als mit einem Kleinkredit bei der Hausbank oder einem Onlineanbieter. Da es sich bei einer Null-Prozent-Finanzierung nicht um einen normalen Verbraucherdarlehensvertrag handelt, wird Kunden bei einem solchen Vertragsabschluss kein Widerrufsrecht eingeräumt. Verbraucher, die im Geschäft geködert wurden, haben später keine Möglichkeit, vom Kauf zurückzutreten, wenn sie merken, dass sie sich übernommen haben.
Dieser Umstand stößt auch dem Bundesjustizministerium bitter auf, das derzeit prüft, ob sich Widerspruchsfristen, die bei Kreditverträgen gelten, auch auf Null-Prozent-Finanzierungen übertragen lassen.
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