Schäden einschätzen - Die Rolle der Versicherungsgutachter

Berlin (dpa/tmn) - Ein Unfall mit fatalen Folgen: Ein Auto fährt mit hoher Geschwindigkeit rückwärts aus einer Parklücke heraus, der Fahrer übersieht dabei eine Fußgängerin. Die Frau wird von dem Wagen erfasst, zu Boden geschleudert - und erleidet schwere Verletzungen.

Foto: dpa

Ein langer Krankenhausaufenthalt zeichnet sich ab. Die Freiberuflerin macht gegenüber der Versicherung des Autofahrers Schmerzensgeld und Schadensersatz geltend. Doch wie viel genau steht ihr zu? In solchen Fällen ziehen Versicherungen nicht selten einen Gutachter zurate.

„Die Expertise eines Gutachters setzt da an, wo das Wissen der Versicherer endet“, erklärt Hasso Suliak vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin. So kommen Sachverständige zum Beispiel bei der Beurteilung von ärztlichen Kunstfehlern zum Einsatz, aber auch bei Kfz-Unfällen oder Bauschäden.

Doch welcher Gutachter eignet sich für den Fall? Das hängt von dessen Erfahrung und Vorbildung ab. „Geht es etwa um Streitigkeiten bezüglich handwerklicher Tätigkeiten, kann auch ein Handwerksmeister als Sachverständiger herangezogen werden“, erklärt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.

„Konkret prüfen Versicherungsgutachter die Ansprüche und Anspruchshöhe und letztlich auch die Entschädigungsleistung der Versicherungsgesellschaft“, erläutert Bianca Boss vom Bund der Versicherten in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg. Ein solcher Sachverständiger wird in aller Regel beauftragt, wenn es um viel Geld geht - wie etwa bei Fragen der Berufsunfähigkeit eines Beteiligten oder wenn ansonsten keine Einigung in Sicht ist.

Normalerweise halten sich Versicherungen an das, was Gutachter ihnen empfehlen. Das entspricht aber nicht immer den Vorstellungen des Versicherten. Erwartet der Kunde etwa für einen Schaden am Dach seines Hauses eine Summe von 35 000 Euro und die Versicherung will allenfalls 27 000 Euro zahlen, hat der Versicherte die Möglichkeit, ein Gegengutachten in Auftrag zu geben. „Die Kosten hierfür muss der Versicherte allerdings selbst tragen“, erklärt Weidenbach.

Ein Indiz für die fachliche Qualifikation ist die Bezeichnung „öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger“, erklärt Silke Auras-Konetzny von der Handelskammer Hamburg. Seine besondere Sachkunde ist vor der Bestellung überprüft worden. Er ist auch darauf vereidigt, seine Aufgaben weisungsfrei auszuüben. Das bedeutet: Der Sachverständige darf sich von keiner Seite beeinflussen lassen.

„Öffentlich bestellte Sachverständige haben einen offiziellen Ausweis, den sie auf Verlangen vorweisen müssen“, erklärt Auras-Konetzny. Zu finden sind solche Gutachter zum Beispiel über Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern, Ärztekammern.

Gibt es Anlass zur Beschwerde über die Tätigkeit eines Sachverständigen, sollte die Stelle informiert werden, die den Sachverständigen öffentlich bestellt hat, rät Auras-Konetzny. „Dort wird die Angelegenheit sorgfältig überprüft, um sicherzustellen, dass nur geeignete Sachverständige bestellt bleiben“, erklärt sie. Bei einem schwerwiegenden Pflichtverstoß muss der Sachverständige damit rechnen, dass seine öffentliche Bestellung widerrufen wird.