Schenken oder Vererben? Vermögen für die nächste Generation
Berlin (dpa/tmn) - Eigentum verpflichtet. Und wer ein Leben lang gearbeitet hat, um beispielsweise sein Haus abzubezahlen, will es in der Regel mit wenig Steuerverlusten und ohne Streit an die Nachkommen weitergeben.
„Wenn es nur um die Verteilung des Vermögens geht, kann das ein Testament regeln“, sagt Jan Bittler, Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV). „Wer allerdings steuerliche Vorteile ausnutzen will, sollte sich beraten lassen.“ Denn oft ist dann eine Schenkung sinnvoller.
Die Höhe des Steuersatzes hängt zunächst davon ab, in welcher Steuerklasse sich der Erbe befindet. „Grundsätzlich gilt: Je enger der Verwandtschaftsgrad, desto niedriger der Steuersatz“, sagt Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler. Ehegatten, Lebenspartner und Kinder befinden sich in der Steuerklasse I. Je nach Höhe des geerbten Vermögens bewegen sich die Steuersätze dann zwischen 7 Prozent und 30 Prozent. „Geschwister sowie Nichten und Neffen gehören der Steuerklasse II an. Hier gibt es Steuersätze zwischen 15 Prozent und 43 Prozent“, sagt Klocke. Entfernte Verwandte oder Freunde müssen mit einem Steuersatz zwischen 30 und 50 Prozent rechnen.
Häufig geht das Finanzamt aber auch leer aus, da Erben von Freibeträgen profitieren können. „Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner können 500 000 Euro steuerfrei erben“, sagt Klocke. Bei Kindern beträgt der Freibetrag pro Kind 400 000 Euro. Geschwister des Verstorbenen erben bis zu 20 000 Euro steuerfrei. Zudem gibt es noch einzelne Versorgungsfreibeträge etwa für den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner oder für minderjährige Kinder.
Außerdem kann man eine Immobilie steuerfrei vererben, „wenn der Erbe in der vom Verstorbenen zuvor selbstgenutzten Immobilie mindestens zehn Jahre wohnt“, sagt Sophie Mecchia von der Stiftung Warentest. Aber Vorsicht: „Wer nach einigen Jahren das geerbte Haus doch vermietet oder verkauft, muss nachträglich Erbschaftssteuer zahlen“, sagt Mecchia. Nur wer zwingende Gründe hat und beispielsweise als Pflegefall in ein Heim ziehen muss, kann die Selbstnutzung aufgeben.
„Wer ein größeres Vermögen hat, sollte über eine Schenkung nachdenken“, sagt „Finanztest“-Redakteurin Mecchia. Zwar gelten für den Beschenkten dieselben Freibeträge und Steuersätze wie für den Erben. Doch: „Der Vorteil einer Schenkung ist, dass der Beschenkte seinen Freibetrag mehrfach ausnutzen kann.“ Der Freibetrag steht ihm alle zehn Jahre erneut zur Verfügung. „Das heißt, größeres Vermögen kann in 'Raten' steuerfrei übertragen werden“, sagt Klocke.
Wenn der Schenker bis zum Lebensende die Immobilie bewohnen oder von den Mieteinnahmen profitieren will, kann er sich absichern, indem er sich ein Nießbrauchrecht oder ein Wohnrecht vorbehält. Diese Rechte werden ins Grundbuch eingetragen. Was sinnvoller ist, hängt vom Einzelfall ab, sagt Dominik Hüren von der Bundesnotarkammer.
Ein Wohnungsrecht könnte unter bestimmten Voraussetzungen von Vorteil sein, da Gläubiger des Schenkers darauf im Gegensatz zum Nießbrauchsrecht grundsätzlich nicht zugreifen könnten, sagt Hüren. Mit einem Nießbrauchrecht sichert sich der Schenker mehr aber Möglichkeiten. „Er kann dann beispielsweise die Immobilie bewohnen, vermieten oder auch gewerblich nutzen“, sagt Hüren.
Bittler rät, selbst genutzte Immobilien in der Regel bis zum Schluss zu behalten, um sich alle Rechte zu sichern. „Einmal verschenkt, kann man sie nur noch in Absprache mit dem Beschenkten veräußern, trotz Nießbrauchrecht“, sagt Bittler. „Eine Schenkung macht außerdem keinen Sinn, wenn das Haus noch nicht abbezahlt ist“, sagt Mecchia.
Literatur:
Julia Friedrichs: Wir Erben. Was Geld mit Menschen macht, Berlin Verlag, 320 S., 19,99 Euro, ISBN-13: 978-3-8270-1209-8