Schutz vor Falschberatung: Was bringt das Beschwerderegister?

Frankfurt/Main (dpa) - Rund 70 Millionen Anlageberatungen gibt es jedes Jahr. Daran gemessen ist die Zahl der Beschwerden von Anlegern gering. Ist das ein Erfolg des vor zwei Jahren eingeführten Berater- und Beschwerderegisters?

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Frankfurt/Main (dpa) - Rund 70 Millionen Anlageberatungen gibt es jedes Jahr. Daran gemessen ist die Zahl der Beschwerden von Anlegern gering. Ist das ein Erfolg des vor zwei Jahren eingeführten Berater- und Beschwerderegisters?

„Zahnloser Tiger“, „verfassungswidrige Vorratsdatenspeicherung“, „bürokratischer Aufwand“ - das Berater- und Beschwerderegister hat sich seit seiner Einführung vor zwei Jahren wenig Freunde gemacht. Das Ziel: Mehr Schutz der Anleger vor Falschberatung. Verbraucherschützer sind jedoch skeptisch, die Finanzbranche beklagt Bürokratie und die Gewerkschaft Verdi Datensammelwut.

Seit dem 1. November 2012 sammelt die Finanzaufsicht Bafin die Daten von Anlageberatern in Deutschland und registriert Beschwerden von Kunden. Geldhäuser sollen nachweisen, dass sie in den Bereichen, in denen es um Anlageberatung und den Vertrieb von Finanzprodukten geht, nur ausreichend qualifiziertes Personal einsetzen. 164 801 Berater waren Ende September in dem Register erfasst.

Bis zum Ende des dritten Quartals 2014 gingen insgesamt 16 039 Beschwerden von Privatanlegern bei der Bafin ein - bei etwa 70 Millionen Anlageberatungen jährlich. 6982 Beschwerden betrafen der Aufsicht zufolge Privat- und Auslandsbanken, 5165 Sparkassen, 3683 Genossenschaftsbanken und 209 Finanzdienstleistungsinstitute. Die Institute müssen jede Beschwerde bei der Bafin melden - unabhängig davon, ob sie begründet oder unbegründet ist, oder sich später als Missverständnis erweist.

Häufen sich die Beschwerden über einen bestimmten Berater, sucht die Bafin das Gespräch mit ihm und dem Finanzhaus. In den ersten neun Monaten dieses Jahres besuchte die Aufsicht 214 Institute. Dabei führte sie Gespräche mit 1079 Mitarbeitern. Dabei wurde zum Beispiel geprüft, ob der Berater ein empfohlenes Produkt und dessen Risiken verständlich erklären kann, oder die Geldanlage für den beratenen Kunden geeignet ist.

Die Aufsicht kann im Extremfall Sanktionen von Bußgeldern bis hin zum Berufsverbot verhängen - das ist bisher allerdings noch nicht vorgekommen. Ein Institut und sechs Vertriebsbeauftragte wurden aber verwarnt. Die Aufsicht befürchtete, dass die Vertriebsvorgaben Kundeninteressen beeinträchtigen könnten. Namen darf die Aufsicht allerdings nicht nennen. Aus Sicht von Verbraucherschützern ist dies eine entscheidende Schwäche.

Grundsätzlich sei das Register eine gute Idee, „weil es die Finanzberatung unter Aufsicht stellt“, sagt Nils Nauhauser, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Solange die Öffentlichkeit aber nicht erfährt, welche Fehler entdeckt wurden und bei welchem Institut sie sich häufen, bleibt das Beschwerderegister ein zahnloser Tiger“. Härter als Bußgelder treffe Geldhäuser ein möglicher Reputationsverlust.

Die Grünen-Abgeordnete Bärbel Höhn formulierte es kürzlich so: „Außer frommen Gesprächen zwischen Aufsichtsbehörden und Vertriebsverantwortlichen in den Banken gibt es scheinbar keinen Effekt“.

Banken und Sparkassen weisen daraufhin, dass es schon vor dem Register umfassende Vorschriften zur Anlageberatung gab, deren Einhaltung die Bafin regelmäßig überprüfe. Sie befürchten, dass die Bankmitarbeiter unter Generalverdacht gestellt werden, argumentiert die Deutsche Kreditwirtschaft.

Aus Sicht der Gewerkschaft Verdi handelt es sich bei der Speicherung von Daten von Anlageberatern und Vertriebsbeauftragten wie Name, Geburtstag und berufliche Funktion um verfassungswidrige Vorratsdatenspeicherung. Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt blieb allerdings erfolglos. Verdi hat Berufung beantragt.

Die Bafin wertet es positiv, dass die Institute nochmal überprüft hätten, ob tatsächlich alle Mitarbeiter ausreichend qualifiziert seien. Zudem könne die Aufsicht bei gehäuften Kundenbeschwerden nun besser reagieren.

Verbraucherschützer setzen ihre Hoffnung dagegen auf das neue Frühwarnsystem für Finanzprodukte, das ab Februar 2015 aufgebaut werden soll. Der sogenannte Finanzmarktwächter soll in den nächsten Jahren vor allem Angebote zur Altersvorsorge, Kredite, Versicherungen sowie Produkte des grauen Kapitalmarkts unter die Lupe nehmen. Mehrere Verbraucherzentralen - darunter auch die Experten in Baden-Württemberg - sollen Beschwerden und Anfragen analysieren. „Wir werden betroffene Anbieter beim Namen nennen“, kündigt Nauhauser an.