Ärger mit Gallensteinen - Meist hilft nur eine Operation
Wiesbaden (dpa/tmn) — Viele Menschen ahnen nicht, dass in ihrer Gallenblase Steinchen liegen. Denn meist verursachen sie keine Beschwerden und bleiben harmlos. Das kann sich aber jederzeit ändern.
Ein bisschen haben sie Ähnlichkeit mit Schmucksteinen — glatt oder gezackt, schillernd, hell oder fast schwarz, mal winzig, mal haselnussgroß. Gallensteine bleiben bei den meisten Menschen harmlos. Doch bei manchem Betroffenen werden sie gefährlich. In Deutschland haben etwa 26 Prozent der Frauen und 18 Prozent der Männer über 40 Jahren Gallensteine, erklärt Berndt Birkner vom Berufsverband Deutscher Internisten in Wiesbaden. Etwa 60 bis 80 Prozent der Betroffenen wissen davon nichts, und solange die Steine keine Beschwerden machen, müssen sie auch nicht behandelt werden.
Ursache für die Entstehung der Steine ist ein gestörtes Mischungsverhältnis des Gallensaftes, den die Leber produziert. Die Gallenflüssigkeit besteht nach Angaben der Gastro-Liga zu etwa 80 Prozent aus Wasser, enthält außerdem Cholesterin, Gallensäuren, den Gallenfarbstoff Bilirubin sowie Lecithin und Elektrolyte. Wenn die Leber zu viel Cholesterin, Bilirubin oder Kalzium beimischt, können diese Stoffe Kristalle bilden, die sich möglicherweise nach und nach zu Steinen formieren.
Bei Übergewicht, in der Schwangerschaft, bei einer starken Gewichtsabnahme oder im Alter nimmt vor allem das Cholesterin in der Galle zu. Auch längere Fastenperioden, Stress oder unregelmäßige Mahlzeiten können die Mixtur beeinflussen und Gallensteine fördern. Bei vielen Patienten ist die Bildung zum Teil auch genetisch bedingt. Bei einem Viertel der Betroffenen machen sich die Gallensteine im Lauf des Lebens bemerkbar. Manch einer klagt über Völlegefühl, Blähungen oder latente Übelkeit. Das kann auf Gallensteine zurückgehen — muss aber nicht. Ein Arzt sollte bei solch unspezifischen Beschwerden dennoch konsultiert werden.
„Ich befrage jeden Patienten mit Oberbauchbeschwerden zu Krankheiten in der Familie, zur Verdauung und wann die Beschwerden auftreten“, sagt Anke Richter vom Deutschen Hausärzteverband. Aufschluss gibt die Blutuntersuchung mit Leber- und Entzündungswerten. Auch ein Ultraschall der Gallenblase muss sein, denn dabei sind Gallensteine sofort zu sehen. „Zu einer Anamnese gehört auch eine Magenspiegelung, um auszuschließen, dass der Magen die Ursache ist“, sagt Birkner.
Bei folgenden Symptomen gibt es keinen Zweifel: Von jetzt auf gleich treten brutale Schmerzen im rechten Oberbauch oder in der Magengrube auf, die sich anfühlen, als ob das Innere gleichzeitig auseinandergezogen und zusammengedrückt würde. Manchmal kommen auch Übelkeit und Erbrechen hinzu. Der Schmerz strahlt oft in den Rücken aus, sehr typisch sind auch ziehende Schmerzen in der rechten Schulter. All dies sind Zeichen einer Gallenkolik, die von 15 Minuten bis zu fünf Stunden dauern kann.
Dazu kommt es, wenn Gallensteine aus der Gallenblase in den Gallengang rutschen und an der Mündung in den Zwölffingerdarm steckenbleiben. Dadurch erhöht sich der Druck im Gallengang, denn die Gallenflüssigkeit kann nicht abfließen. „Ebenso können Steine auch am Hals der Gallenblase feststecken, wenn diese sich zusammenzieht und die Galle in Richtung Gallengang und Dünndarm abgibt“, erklärt Prof. Tilman Sauerbruch von der Gastro-Liga in Gießen. Die Gallenblasenschleimhaut produziere aber weiter Sekret, so dass der Druck in der Gallenblase steige.
Allerdings müssen es nicht immer Steine sein, auch Gallengries („Sludge“) kann der Auslöser sein. „Diese Gallensteinkrümelchen sind tückisch, denn sie rutschen leicht in den Gallengang und verstopfen ihn genauso wie ein Gallenstein“, sagt Hausärztin Richter.
Im akuten Fall ist Tapferkeit keine gute Idee. „Dauert die Kolik länger als eine Stunde, sollte ein Arzt aufgesucht oder der Notarzt gerufen werden“, rät Sauerbruch. Denn es können mitunter gefährliche Komplikationen wie eine akute Entzündung der Gallenblase, der Gallenwege oder der Bauchspeicheldrüse auftreten. Dies muss abgeklärt werden, der Arzt gibt außerdem Schmerzmittel als Zäpfchen.
Damit ist jedoch nur die akute Attacke überstanden. Einer Kolik folgt laut der Gastro-Liga bei der Hälfte der Patienten binnen eines Jahres die nächste, oft kehren die Attacken wie aus heiterem Himmel immer wieder. Die Ärzte raten daher meist zur Entfernung der Gallenblase. Über drei bis vier kleine Schnitte im Bauch wird das Organ bei einer Operation im Rahmen einer Bauchspiegelung entnommen.
Mit dem Zertrümmern der Steine oder Auflösen durch Medikamente ist hingegen nicht viel gewonnen. Es bilden sich binnen kurzer Zeit neue Gallensteine, denn ihre Ursache ist nicht beseitigt: das gestörte Mischungsverhältnis des Gallensaftes.
Eine besondere Ernährung ist nach der OP nicht nötig. Der Gallensaft fließt weiter direkt über den Gallengang von der Leber in den Darm, auch bei fettigen Speisen sind selten Medikamente nötig. Dass sich nun Steine in den Gallengängen bilden, ist äußerst selten. Vielmehr kann der Betroffene endlich wieder ein normales Leben führen, ohne Angst vor der nächsten Kolik - dafür mit viel Genuss.