Alzheimer: Das Vergessen bekämpfen
Die Diagnose ist bald früher möglich. Damit steigen auch die Therapie-Chancen.
Düsseldorf. Wenn das Gedächtnis schwindet, die Sprache, der Geist, dann ist es, als gehe das Individuum verloren. Alzheimer. Die Krankheit kann immer früher diagnostiziert werden. Was in anderen Fällen hilfreich ist, führt bei Demenzerkrankungen in ein Dilemma: Die Diagnostik hat sich deutlich weiterentwickelt, die Therapie jedoch noch nicht.
Will man wirklich etwas von einer Krankheit wissen, die kaum behandelbar ist? Für Gunter Sachs war Alzheimer „die ausweglose Krankheit A.“, ein „würdeloser Zustand“, dem er sich durch Freitod entzog. Abgesehen von der Frage, ob die Diagnose stimmte — die Geschwindigkeit, mit der die Krankheit fortschreitet, kann bislang nicht vorhergesagt werden.
Die Diagnose Alzheimer muss nicht bedeuten, dass man in kurzer Zeit hilflos ist. Die Beeinträchtigungen können lange milde bleiben, der Zustand über Jahre stabil. Es gibt auch Menschen, die trotz der für Alzheimer typischen Eiweißablagerungen im Gehirn gar keine Krankheitssymptome zeigen.
Deshalb ist die Vermittlung der Diagnose Demenz eine sensible Sache. Der Arzt braucht viel Fingerspitzengefühl. „Dem Patienten muss die Problematik vermittelt werden, ohne ihm die Hoffnung auf noch lebenswerte Tage zu nehmen“, betont der Wuppertaler Gerontologe Ingo Füsgen.
Eine möglichst frühe Diagnose, sobald Symptome einsetzen — dafür plädieren die meisten Experten. Betroffene könnten wichtige Weichen stellen, erklärt Prof. Ralf-Joachim Schulz, Chefarzt der Geriatrie im Kölner St. Marien-Hospital: Die Wohnung anpassen, die Familie informieren, Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht verfassen, vielleicht noch offene Wünsche erfüllen. „Sich zurückziehen, das geht bei dieser Krankheit nicht“, sagt Schulz, „denn man ist auf die Hilfe anderer angewiesen.“
Vor allem könne eine Untersuchung auf die Spur anderer Erkrankungen führen. Schulz: „Etwa 15 Prozent der Demenzen beruhen auf anderen Grunderkrankungen, die gut behandelbar oder heilbar sind.“ Denn die typischen Symptome können auch von einer Schilddrüsenüberfunktion ausgelöst werden oder durch einen Hirntumor.
Gibt es eine Frühdiagnose, sollten Betroffene regelmäßig zum Arzt gehen, um den Verlauf der Krankheit zu kontrollieren, rät Prof. Hansjörg Bäzner von der Neurologischen Klinik am Klinikum Stuttgart. Am besten alle drei Monate, dann könne man auf Veränderungen rasch reagieren.
„Wir glauben, dass regelmäßige Bewegung positive Effekte bringt, auch eine vitaminreiche, fettarme Ernährung.“ Da Vitamine wie das Vitamin B12 eine wichtige Rolle im Stoffwechsel und im Umbau von Eiweißbausteinen spielen, vermuten Experten, dass ein Mangel an Vitamin B12 die Entstehung einer Demenz begünstigen kann.
Auch ohne heilende Medikamente gibt es Möglichkeiten zu helfen. Arzneimittel etwa, die die geistige Leistungsfähigkeit verbessern oder stabilisieren. Je eher man diese Antidementiva verordnet, desto größer die Chance, eine Verschlimmerung hinauszuzögern.
Einzelaspekte wie Schlaflosigkeit, Reizbarkeit oder Antriebslosigkeit lassen sich behandeln. Eine Verhaltenstherapie kann helfen, mit den Beschwerden zu leben und weiter am sozialen Leben teilzunehmen.