Angst vor HIV-Infektion: So verhält man sich richtig
Bonn (dpa/tmn) - Könnte ich mich mit HIV infiziert haben? Diese Frage löst bei Betroffenen schnell Panik aus. Doch wer richtig reagiert, kann oft das Schlimmste verhindern. Und manchmal ist die Angst unbegründet.
Ein gerissenes Kondom, häufig wechselnde Partner oder ungeschützter Geschlechtsverkehr: Plötzlich steht das Thema Aids im Raum. Beim begründeten Verdacht, sich mit dem HI-Virus (HIV) infiziert zu haben, wissen viele nicht, wie sie sich verhalten sollen. Zum Arzt? Testen lassen? Je nach Situationen müssen Betroffene sich unterschiedlich verhalten. Doch was ist wann zu tun? Anlässlich des Welt-Aids-Tags am 1. Dezember gibt Ulrich Heide von der Deutschen Aids-Stiftung Tipps für Betroffene.
Situation 1: Das Kondom reißt oder wurde nicht benutzt.
Betroffene sollten sofort das nächstgelegene Krankenhaus aufsuchen, rät Heide. Panik ist dann aber nicht angebracht. Wenn Betroffene schnell reagieren, lässt sich eine Infektion mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit verhindern. Denn der Arzt kann Betroffenen eine Postexpositionsprophylaxe (PEP) verabreichen. Die PEP-Behandlung dauert in der Regel vier Wochen. „Damit muss so schnell wie möglich begonnen werden - am besten innerhalb von 2 Stunden, ansonsten vor Ablauf von 24 Stunden“, sagt Heide. Nach mehr als 72 Stunden wird keine PEP mehr empfohlen. Je mehr Zeit vor Behandlungsbeginn verstreicht, desto geringer sind die Erfolgschancen.
Situation 2: Es besteht die Gefahr einer HIV-Infektion, aber für die Prophylaxe ist es schon zu spät.
Ein sofortiger HIV-Test hilft dann wenig. Er liefert erst drei Monate nach der möglichen Infektion ein zuverlässiges Ergebnis. Denn die entsprechenden Antikörper sind in der Regel erst dann nachweisbar. „Betroffene sollten mit dem Test daher zwölf Wochen warten“, rät Heide. Wichtig ist, dass sie sich dann aber in jedem Fall testen lassen. Denn bei einem positiven Ergebnis ist es besser, so früh wie möglich mit der Therapie zu beginnen.
Bei den Aidsberatungsstellen der Gesundheitsämter können Betroffene einen HIV-Test meist anonym und kostenlos machen. Auch der Hausarzt ist eine Anlaufstelle. „Den Test sollte man allerdings nur beim Hausarzt machen lassen, wenn der Erfahrung mit dem Thema hat“, empfiehlt Heide. Denn vor und gegebenenfalls nach dem Test sollten Betroffene intensiv beraten und betreut werden.
Situation 3: Jemand hat Sex mit wechselnden Partnern und fürchtet sich vor einer Infektion, obwohl es noch keinen konkreten Anlass gab:
Ohne begründeten Verdacht ist ein Test unnötig. „Wer sich keinem Risiko ausgesetzt hat und die Safer-Sex-Regeln befolgt, dem rate ich von einem Test ab“, sagt Heide. Der Experte hält auch nichts davon, sich regelmäßig jedes Jahr testen zu lassen. „So ein HIV-Test kann nicht mit der täglichen Mundhygiene verglichen werden.“ Nur wer zum Beispiel ungeschützten Geschlechtsverkehr hatte oder sich Drogen spritzt, ist ein Risiko eingegangen. Und nur dann sei ein Test sinnvoll. Außerdem ist der Test keine Präventionsmaßnahme. Betroffene sollten über ihre Ängste aber mit einem Fachmann bei einer Aidsberatungsstelle sprechen.
Situation 4: Mit dem neuen Partner ist es ernst, beide vertrauen einander und wollen künftig auf Kondome verzichten.
Es spricht nichts dagegen, dass sich beide Partner vor dem ungeschütztem Geschlechtsverkehr testen lassen. Das ist aber nur ratsam, wenn beide ehrlich sind: „Nur wenn keiner von beiden innerhalb der letzten drei Monate ein Risiko eingegangen ist, ist ein Test sinnvoll“, sagt Heide. Denn ansonsten besteht die Gefahr, dass das Testergebnis nicht zuverlässig ist.