Auszeit zur Selbstreinigung - Tipps zum Heilfasten
Darmstadt (dpa/tmn) - Spätestens zu Beginn der Fastenzeit sagen sich viele: Der Winterspeck muss weg. Mit einer zeitlich begrenzten Auszeit kann man seinen Körper beim Heilfasten auf eine neue, gesündere Lebens- und Ernährungsweise vorbereiten.
Der eine isst zu viel, zu schnell und zu oft. Der andere ernährt sich einseitig, trinkt zu wenig oder übertreibt es vielleicht mit Fett, Salz und Zucker. Was die persönlichen Essgewohnheiten anbelangt, hat beinahe jeder ein paar Laster. Der Beginn der Fastenzeit und das Frühjahr bieten gute Gelegenheiten, die eigene Ernährungsweise zu überdenken - und durch eine Heilfastenkur alte Gewohnheiten zu verändern.
Eine Fastenkur sieht klassischerweise so aus: Der Fastende verzichtet für eine begrenzte Zeit auf feste Nahrung und Genussmittel. Konsumiert werden nur Mineralwasser, Tees, Säfte und Gemüsebrühe. „So ist es unter anderem beim Heilfasten nach Otto Buchinger. Der Mediziner entwickelte es vor gut 80 Jahren und war damit einer der großen Pioniere des Fastens in Deutschland“, erklärt Christa Kling, ärztlich geprüfte Fastenleiterin der Deutschen Fastenakademie aus Darmstadt. Daneben gibt es noch etliche weitere Fastenmodelle - etwa die Molkekur nach Dr. Anemueller oder die Markert-Diät, die Gemüsebrühe mit einem Eiweißzusatz kombiniert.
Zum Verzicht auf feste Nahrung kommt beim Heilfasten der auf Genussmittel aller Art, sei es Alkohol, Kaffee oder Zigaretten. „Auf diese Weise gibt man dem Körper eine Art zeitlich begrenzte Auszeit“, erklärt Andreas Buchinger, Mitglied der Ärztegesellschaft Heilfasten und Ernährung und Chefarzt einer Privatklinik in Bad Pyrmont. In der Auszeit könne der Körper Altlasten loswerden und sich regenerieren. Um den reinigenden Effekt zu verstärken und die Ausscheidungsvorgänge zu fördern, kommt eine Reihe unterstützender Maßnahmen zum Einsatz: darunter Einölungen, die die Ausscheidung über die Haut anregen sollen, oder Leberwickel, die das Entgiftungsorgan stimulieren sollen.
„Am wichtigsten ist sicher die Darmreinigung. Zu Fastenbeginn führt man mit Glaubersalz ab, danach sollten mindestens alle 2 Tage Spülungen erfolgen. Auf diese Weise werden schädliche Ablagerungen gelöst“, erläutert Kling. Der Berufsverband Deutscher Internisten warnte allerdings kürzlich unter Verweis auf eine aktuelle Studie aus den USA vor Darmspülungen zur „Entgiftung“. Weder die Wirksamkeit noch die Verträglichkeit der auf dem Markt verfügbaren Darmreinigungssysteme zur Wellness-Anwendung sei wissenschaftlich belegt. Vielmehr könnten solche Darmspülungen bei falscher Anwendung etliche unerwünschte Nebenwirkungen haben - in harmloseren Fällen zum Beispiel Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.
Die positiven Effekte, die die Befürworter dem Großputz von innen zuschreiben, sind allerdings zahlreich: Sie reichen von der Stärkung der Immunabwehr und der Selbstheilungskräfte bis zur Prävention von Krankheiten wie Typ-2-Diabetes. Kling ergänzt, dass das Fasten auch zum Abnehmen geeignet sei: Während des Fastens purzelt etwa ein halbes Kilo pro Tag, und die Kur ist oft Initialzündung für mehr.
„Voraussetzung ist, dass ich danach nicht gleich wieder in alte Gewohnheiten verfalle“, betont Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in Bonn. „Wer dauerhaft abnehmen will, muss seine Ernährung langfristig umstellen und kommt um ein umfangreiches Bewegungsprogramm nicht herum.“ Insofern sei eine Heilfastenkur nur sinnvoll, wenn derjenige, der sie absolviert, auch etwas über gesundheitsbewusstere Ernährungs- und Lebensweise lernt.
Unabhängig davon rät die Ernährungsexpertin von einem zu intensiven Fasten dringend ab. „Trinkt man etwa tagelang nur Wasser, kommt es zu erheblichen Verlusten von Körpereiweiß - der Harnsäurespiegel im Blut steigt an. Menschen mit erhöhtem Purinspiegel ist daher wegen des Risikos eines akuten Gichtanfalls das Fasten nicht anzuraten.“ Weitere unerwünschte Nebenwirkungen sind Herzrhythmusstörungen durch fehlende Energiezufuhr oder Nierenkoliken durch übermäßigen Elektrolytverlust. „Selbst wenn man sich bester Gesundheit erfreut, sollte der Fastenzeitraum nicht länger als fünf Tage sein“, betont sie vor diesem Hintergrund. Gerade „Erst-Fastern“ sei dringend professionelle Aufsicht zu empfehlen. Wer gesundheitlich angeschlagen oder gar chronisch krank ist, sollte ganz davon absehen.
Dem stimmen Fastenanhänger nur bedingt zu. „Tatsache ist, dass man mit Heilfasten eine ganze Reihe von Krankheiten und Beschwerden lindern oder sogar heilen kann“, erklärt Buchinger. So wirke es nachhaltig blutdrucksenkend oder könne eine Insulinresistenz zurückbilden und damit einen Diabetes mildern. Er rät chronisch Kranken allerdings, nur unter ärztlicher Aufsicht zu fasten - aufgrund des höheren Komplikationsrisikos und weil je nach Erkrankung Sondermaßnahmen wie die Gabe von Vitaminen und Mineralien notwendig sein können. Vor dem Fastenbeginn sollte daher eine eingehende körperliche Untersuchung stehen. Und während der Kur sind regelmäßige Gesundheitschecks ratsam, um das Wohlbefinden zu sichern.