Schonen und schützen: So verheilen frische Narben gut

München (dpa/tmn) - Im Idealfall ist eine Narbe nach einem Unfall oder einer Operation kaum zu sehen. Im ungünstigeren Fall ist sie noch Jahre später deutlich erkennbar. Es gibt aber Wege, diesen Makel einigermaßen zu vermeiden.

Es gibt Kulturen, in denen gelten Menschen erst als schön, wenn ihr Körper Narben hat. Auch Mitglieder schlagender Verbindungen tragen ihre Verwundung aus Studententagen oft mit Stolz. Die meisten Menschen allerdings empfinden eine Narbe, sei sie durch einen Unfall oder eine Operation entstanden, als Makel, vor allem wenn sie gut sichtbar ist. Doch Patienten können einiges tun, damit es nicht so weit kommt - frische Narben lassen sich oft so behandeln, dass sie später weniger stören.

„Ich würde nie eine unsichtbare Narbe versprechen“, sagt Sven von Saldern, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC). „Aber eine Narbe kann so schön verheilen, dass selbst der Operateur sie suchen muss.“ Das erfordert aber mindestens zwei Dinge: einen geschickten Chirurg, der die Wunde so vernäht, dass die Haut nicht unter Zug steht. Und einen Patienten, der Geduld hat, bis die Narbe ganz ausgeheilt ist. Ebenfalls wichtig, aber vom Betroffenen nicht oder kaum beeinflussbar sind ein höheres Lebensalter, in dem Narben häufig besser heilen als in jungen Jahren sowie Gene, die nicht zu überschießender Narbenbildung führen. So sei es keine gute Idee, wenn sich eine 14-Jährige ein Muttermal entfernen lassen will: „Da warne ich sehr davor, das zu tun“, sagt von Saldern.

Außerdem kommt es darauf an, wo sich die Narbe befindet. „Überschießende Narben sind an der Schulter, der Brust und am Ohrläppchen häufiger als an anderen Stellen“, sagt Gerd Gauglitz von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der Universität München. Dort sei die Haut viel Spannung ausgesetzt. „Natürlich steht eine lange Narbe unter mehr Spannung, aber es ist nicht automatisch so, dass sie schlimmer wird als eine kleine.“

Unter Spannung bilden sich oft hypertrophe Narben. Das sind laut der Leitlinie zur Narbentherapie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) solche, die sich auf das Gebiet der ursprünglichen Wunde beschränken, aber über das Hautniveau hinausragen und wulstig verdickt sind. Sie können sich spontan zurückbilden, allerdings oft nicht vollständig. Auch sogenannte Keloide sind möglich: wuchernde Narben über die ursprüngliche Wunde hinaus, die nur selten zurückgehen. Werden Keloide einfach nur ausgeschnitten, kommt es laut Gauglitzer in 50 bis 100 Prozent aller Fälle zu neuen Wucherungen.

Ob sich eine hässliche Narbe bildet, lässt sich schon in den ersten Wochen nach einer Operation abschätzen. Patienten können bis dahin selbst viel Einfluss nehmen: „Ganz kurz nach der OP der betreffenden Körperstelle Ruhe geben und die Narbe nicht unter Zug setzen“, lautet von Saldern zufolge die erste Regel. Die zweite: „Drei Wochen lang keinen Sport machen, vor allem wenn die Narbe in einem Bereich liegt, der viel bewegt wird.“ Denn selbst wenn längst die Fäden gezogen sind und oberflächlich alles gut aussieht, sei die Narbe noch längst nicht verheilt.

Wichtig sei daher auch, die noch frische Narbe per Pflaster oder Sunblocker mindestens drei Monate vor der Sonne zu schützen, ergänzt Gauglitz. „Durch die UV-Strahlung kann es zu einer Pigmentverschiebung im Wundbereich kommen.“ Das heißt: Die vernarbte Haut kann sich dauerhaft heller oder dunkler färben. Auch wenn die Narbe unter scheuernden Kleidungsstücken liegt, ist einem Patientenflyer des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen zufolge das Abdecken mit einem Pflaster sinnvoll.

Zunehmend werden von Fachleuten Silikongele, -pflaster und ein Zwiebelextrakt enthaltendes Narbengel empfohlen. In der Tat belegen zunehmend verschiedene Studien deren Nutzen. An der Wirkung anderer Narbensalben und -cremes bestehen aber nach wie vor Zweifel.

Massagen in Form von kreisenden Bewegungen seien gut, sagt von Saldern. „Ich habe in dieser Hinsicht schon gute Erfolge bei verhärteten Narben gesehen. Und absolut gut ist Druck, das wissen wir aus der Verbrennungsmedizin.“ Dort werden stark beeinträchtigte Menschen in Kompressionsanzüge gesteckt, um die Narbenbildung zu beeinflussen. Wichtig bei Druck sei allerdings, dass man die Narbe nicht reizt oder daran herumreibt. Das kann den Zustand verschlechtern.

„Ich wäre bei der Narbenmassage etwas zurückhaltender, die Studienlage dazu ist widersprüchlich“, sagt Gauglitz daher. Der Vorteil des täglichen Eincremens oder Massierens in den ersten Wochen nach der OP sei aber offensichtlich: „Der Patient bemerkt durch die tägliche Kontrolle Veränderungen und kann beizeiten zum Arzt gehen, wenn sich die Narbe anders entwickelt als erhofft.“

Service:

Der Patientenflyer des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen (BVDD) zur Narbenbehandlung liegt in Arztpraxen aus und ist über die BVDD-Pressestelle erhältlich: Berufsverband der Deutschen Dermatologen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Wilhelmstraße 46, 53879 Euskirchen, Telefon 02251/776 25 25, E-Mail: r.blumenthal@bvdd.de