Chirurgen-Kongress widmet sich Klinik-Keimen
München (dpa) - Ein alltäglicher chirurgischer Eingriff kann für den Patienten zur tödlichen Gefahr werden: Jedes Jahr stecken sich nach Angaben des Gesundheitsministeriums 600 000 Menschen mit Krankenhaus-Keimen an.
„Multiresistente Bakterien sind überaus gefährlich für den Menschen und leider nicht wirklich behandelbar“, sagt Markus Büchler, ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemeine, Viszerale und Transplantationschirurgie der Universität Heidelberg am Dienstag zum Auftakt des Chirurgenkongresses (bis 6. Mai) in München.
Keime können über verschiedene Wege in die Krankenhäuser geschleppt werden. „Viele Menschen - ob Besucher oder Patient - schleppen die Bakterien ohne es zu wissen ins Krankenhaus. Zu Hause wären die Keime harmlos, aber für Patienten mit geschwächtem Immunsystem können die Folgen fatal sein“. Büchler verweist auch auf Gefahren im Operationssaal. „Je mehr Menschen in einem Raum, desto mehr Keime befinden sich in der Luft. Stellen Sie sich nun vor, welche Folgen das haben kann, wenn sie zum Beispiel eine Hüftprothese einbauen, die Wunde offen klafft und all die Keime hineinfliegen“.
Nach Angaben des Ministeriums endet die Ansteckung mit solchen Bakterien in Deutschland in 15 000 Fällen tödlich. Ursachen für die Krankenhausinfektionen können Keime in der Luft und an Händen sein, in seltenen Fällen auch unsteriles Operationsbesteck. Experten betonen daher die Prävention - auch schlicht durch Hygiene.
„Ganz entscheidend ist das Händewaschen und Desinfizieren, man kann das den Ärzten, Pflegern aber auch Besuchern gar nicht oft genug sagen“. Mediziner wollen sich außerdem dafür einsetzen, ein sogenanntes Screening auf Keime, in den Niederlanden schon erprobt, auch in Deutschland einzuführen. Dabei wird der Patient vor seiner Aufnahme auf multiresistente Erreger untersucht und gegebenenfalls isoliert untergebracht. „Ein weiteres Problem ist, dass Antibiotika viel zu häufig eingesetzt werden. So entstehen die Resistenzen“. Neue Antibiotika werde es in nächster Zeit nicht geben, weil das Geld zur Entwicklung fehle.
Im Juli soll ein neues Hygienegesetz verabschiedet werden. Die Bundesregierung hatte einem Gesetzentwurf des Gesundheitsministers Philipp Rösler (FDP) zugestimmt. Kliniken müssen demnach ihre Hygienestandards öffentlich machen. Sie sollen zudem zusätzlich Experten beschäftigen, die sich um die Hygiene der Häuser kümmern.
Weitere Themen auf dem bis Freitag laufenden Kongress sind die schnelle ärztliche Versorgung im Katastrophenfall und die Organspende. SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier wird in seinem Vortrag „Lebendspende als Ausweg aus der Organknappheit“ am Mittwoch über seine Erfahrungen als Betroffener berichten.