Depression — die neue Volkskrankheit
Immer mehr Menschen werden wegen psychischer Probleme in Kliniken behandelt.
Berlin. „Ausbrennen“ in stressigen Jobs, private Sorgen: Psychische Störungen wie Depressionen sind zu einer Volkskrankheit geworden. Immer mehr Menschen kommen deswegen hierzulande für längere Behandlungen ins Krankenhaus, wie eine gestern vorgestellte Studie der größten deutschen Krankenkasse Barmer GEK ergab. Das kostet Milliarden. Experten fordern, dass die Betreuung außerhalb der Kliniken besser werden muss.
Innerhalb von 20 Jahren haben sich die Fälle nach und nach mehr als verdoppelt. Stark ist der Anstieg auch bei depressiven Patienten (siehe Grafik). Hinzu kommt, dass Patienten mit psychischen Störungen erheblich länger in den Kliniken bleiben — zuletzt waren es durchschnittlich 31 Tage. Insgesamt bleiben Krankenhauspatienten dagegen nur gut acht Tage.
Diagnose Nummer eins bei Klinikaufenthalten sind psychische Störungen und Verhaltensstörungen durch Alkohol — vor allem bei Männern. Mit Sorge beobachten Fachleute einen generell wachsenden Druck im Berufsleben. Angst vor Jobverlust und instabile finanzielle Situationen gelten als enorme Belastungen.
Die Erfolgsbilanz der Kliniken sei durchwachsen, lautet ein Fazit der Barmer-GEK-Studie. Denn viele Patienten kommen wieder — teils schon nach wenigen Wochen oder Monaten. Ein Jahr nach der Entlassung wird fast ein Viertel nochmals mit derselben Diagnose eingewiesen.
Bei Menschen mit Depressionen fühlen sich dann knapp 70 Prozent schon besser als direkt nach der Entlassung. Allerdings hatten 59 Prozent noch schwere oder mittlere Krankheitsanzeichen. Für die Zeit nach der Entlassung gibt die Klinik den allermeisten auch eine Empfehlung für eine Psychotherapie oder Medikamente mit — auf die Therapie müssen rund 60 Prozent aber einen Monat oder noch länger warten.
Vor allem bei der Behandlung außerhalb der Krankenhäuser gilt der Handlungsbedarf als groß. „Es gibt zu wenig Angebote, die es den Patienten ermöglichen, in ihrem gewohnten Umfeld zu bleiben und berufstätig zu sein“, kritisiert die Techniker Krankenkasse. Die Kapazitäten der ambulanten Versorgung müssten besser genutzt werden, fordert die Barmer GEK.