Diagnose Brustkrebs: Breites Netzwerk hilft Frauen
Berlin (dpa/tmn) - Die Diagnose Brustkrebs wirft eine Frau erst einmal aus der Bahn. Bis zur OP ist es oft nicht mehr lange hin. Die Patientin sollte sich aber die Zeit nehmen, das passende Brustkrebszentrum auszuwählen und in Kontakt mit einem Selbsthilfeverein zu treten.
Die Zahl ist erschreckend groß: Jede neunte Frau in Deutschland erkrankt laut dem Robert Koch-Institut (RKI) an Brustkrebs. Die hohe Zahl von Krankheitsfällen führt aber auch dazu, dass es bei der Behandlung schon sehr viel Erfahrung gibt. „Im Idealfall wird die Patientin durch ein engmaschiges Netzwerk gereicht“, sagt die Frauenärztin Simone Wesselmann von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) in Berlin. Ein aktives Mitwirken an der Therapie ist aber auch wichtig.
„Die Diagnose Brustkrebs ist für eine Frau natürlich ein Schock“, sagt Karin Meißler vom Bundesvorstand des Vereins Frauenselbsthilfe nach Krebs. „Da ist erstmal der Gedanke: In einem halben Jahr bin ich tot.“ Wird ein bösartiger Tumor im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung beim Gynäkologen oder bei der Mammografie jedoch früh erkannt, sind die Chancen für eine erfolgreiche Therapie in der Regel gut.
Allerdings hat eine Brustkrebs-Patientin innerhalb kurzer Zeit sehr viel zu bewältigen. „Von der Diagnose bis zur Operation vergehen ein bis drei Wochen“, sagt Wesselmann. Bösartige Tumore müssen fast immer schnell operativ entfernt werden. Dafür ist ein Krankenhausaufenthalt von rund fünf Tagen nötig.
Meißler empfiehlt, noch vor der OP mit einer Selbsthilfegruppe Kontakt aufzunehmen: „Viele Erkrankte sind überfordert, da hilft der Austausch mit anderen Betroffenen sehr.“ Und weil es so viele Fälle von Brustkrebs gibt, werden Frauen auch in der Nähe ihres Wohnortes fündig. „Wir haben knapp 400 aktive Gruppen, die sich regelmäßig treffen“, sagt sie. Wichtig sei der Austausch vor allem, damit die Patientinnen erfahren, wie sie sich in den Behandlungsprozess einbringen können. „Es ist wichtig, aktiv nachzufragen und zu verstehen, warum was gemacht wird. Man muss schließlich zu der Therapie und den Medikamenten stehen können.“
Nach der ersten Diagnose gibt in der Regel der behandelnde Arzt den weiteren Weg vor, indem er eine Klinik für die Operation und begleitende Maßnahmen empfiehlt. Der erste Schritt in der Therapie führt zu einem Brustkrebszentrum. Anders als in der Vergangenheit liegt dabei das Schicksal der Patientin nicht mehr in der Hand eines einzelnen Mediziners. „In interdisziplinären Tumorkonferenzen wird jeder einzelne Fall von fünf Fachärzten besprochen“, erklärt Wesselmann. „Dabei kommen auch psychologische und soziale Aspekte zur Sprache.“ Was nach einem hohen - auch finanziellen - Aufwand klingt, ist in Deutschland mittlerweile Standard. „Die Krankenkasse übernimmt alle Leistungen, die medizinisch notwendig sind“, bestätigt Ann Marini vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen in Berlin.
Die Patientin kann selbst ein Brustkrebszentrum auswählen. Allerdings sollte sie dabei auf die Zertifizierung durch die DKG achten, die momentan 246 Zentren vorweisen können. Sie garantiert die Einhaltung weltweit gültiger Leitlinien zur Brustkrebsbehandlung, erklärt Wesselmann, die bei der DKG für die Zertifizierung zuständig ist. „Ein Brustkrebszentrum ist nicht immer eine einzige Klinik, es kann auch zum Teil ein Netzwerk aus niedergelassenen Ärzten sein, die sich nach der Operation um die Patientin kümmern.“
Diese Nachsorge ist ein wichtiger Bestandteil der Krebstherapie. Medikamente und Bestrahlung sorgen dafür, dass sich kein neuer Tumor bildet. Auch der Zustand der Brust nach der Operation ist ein medizinisches Problem. In bis zu 90 Prozent der Fälle wird die Brust erhalten. Andernfalls ist ein künstlicher Aufbau nötig. „Auch hier springt die Krankenkasse ein, da es sich nicht um eine Schönheitsoperation handelt“, betont Marini. Unübersichtlich wird es erst bei alternativen Heilmethoden. Da empfiehlt Marini, sich beim eigenen Versicherer zu informieren, ob dieser die Alternativmedizin unterstützend zur Schulmedizin erstattet.
In einem zertifizierten Brustkrebszentrum gehört außerdem der Kontakt mit Sozialarbeitern zum Therapieprogramm. Denn neben den psychologischen und körperlichen Auswirkungen einer Brustkrebserkrankung ist auch entscheidend, wie es im Leben der Patientin weitergeht. „Früher bedeutete Brustkrebs direkt Frührente und damit finanzielle Einbußen. Heute wird oft eine Rückkehr in den Beruf angestrebt“, sagt Meißler.
Bei all der Angst und Sorge, die eine Brustkrebsdiagnose hervorruft, ist es also vor allem wichtig, gut informiert zu sein. In der kurzen Zeit vor der Operation steht die Auswahl des Brustkrebszentrums im Vordergrund, Kontakt zur Selbsthilfe sollte auch schon geknüpft werden. Sind diese ersten Weichen richtig gestellt, dann greift das Netzwerk der etablierten Brustkrebstherapie. Der Gedanke, mit der Krankheit nicht allein zu sein, ist in diesem Fall nicht nur tröstend - er sichert auch einen guten Behandlungsstandard.