Die Kapsel macht Karriere: Mehr Schraubverschlüsse für Wein

Düsseldorf (dpa) - Der Schraubverschluss für Wein läuft dem Korken mehr und mehr den Rang ab - zumindest in Deutschland. Immer mehr Winzer setzen auf den unkomplizierten Schrauber. Auch der Verband der Prädikatsweingüter hat kein Problem damit.

Beim Öffnen einer Weinflache ertönt immer häufiger nicht mehr das „Plopp“ des Korkens, sondern ein „Knack“. Denn Schraubverschlüsse auf Weinflaschen sind seit zehn Jahren auf dem Vormarsch. Etwa 40 Prozent der deutschen Weine haben inzwischen einen Schraubdeckel am Flaschenhals, schätzt das Deutsche Weininstitut. Früher hatte der Gewindedeckel keinen guten Ruf und kam allenfalls für einfache Weine infrage. Doch nach Problemen mit Korkgeschmack in Weinen, hat die Kapsel Karriere gemacht.

Sogar der Verband der Prädikatsweingüter (VDP) hat kein Problem damit. Eine erkleckliche Anzahl der 202 Mitglieder füllt zumindest einfachere Gutsweine in Schraubflaschen ab. Mindestens die Hälfte der Basisweine habe diesen Verschluss, schätzt VDP-Sprecher Tim Leschinsky. Allerdings ist für höherwertige Weine der Naturkorken weiterhin erste Wahl. An den vielen Probiertischen auf der Düsseldorfer Fachmesse ProWein (24. bis 26. März) standen beide Flaschentypen einträchtig nebeneinander.

Markus Berres ist Winzer aus Ürzig an der Mosel. Der 34-Jährige füllt seit 2004 sogar seine gesamte Ernte in Schraubflaschen ab. Vom Qualitätswein bis zur Trockenbeerenauslese. Bereut hat er es nicht, im Gegenteil. „Das war die beste Entscheidung, die ich getroffen habe“, erzählt er.

Seinen Kunden hatte Berres die Umstellung von Kork auf Schrauber in einem Brief erklärt. Der Winzer hat 3,5 Hektar steilste Lagen an der Mosel. Die Erntebedingungen seien so schwierig und aufwendig, sagt er, dass er kein Risiko einer Beeinträchtigung durch Kork eingehen möchte. Je teurer der Wein, desto ärgerlicher wäre eine Korknote. „Wir wollen, dass Wein, so wie wir ihn produziert haben, beim Kunden ankommt“, erläutert der Mosel-Winzer.

Nach Schätzung des Deutschen Weininstituts gehört in Deutschland derzeit ein Drittel des Marktes dem traditionellen Korken. Der Schrauber ist einfach zu handhaben und verändert den Wein nicht. Die Weinmacher umgehen die Gefahr, dass der Wein nach Kork schmecken könnte. Allerdings, das Trinken von Riesling, Spätburgunder und Co. ist auch eine emotionale Angelegenheit, und das „Plopp“ beim Herausziehen des Korkens Teil einer genussvollen Zeremonie. Höherwertige Rotweine werden in Deutschland weiter überwiegend mit dem traditionellen Kork verschlossen.

Gert Reis ist ein Mann des Korkens, er vertritt einen Hersteller aus Portugal. „Im Moment kämpfen wir wie Don Quichotte gegen Windmühlen“, sagt er über das Verhältnis zum Marktführer in Deutschland, dem preiswerten Schraubverschluss. Die Korkhersteller in Portugal etwa, die den halben Weltmarkt beliefern, hätten viel für die Qualität getan, die Exportzahlen stiegen. „Kork ist besser geworden“, betont er. Es gebe Weingüter, etwa in Kalifornien, Neuseeland oder Südafrika, die zum Kork zurückkehren.

Eine Renaissance sei also möglich, hofft Reis. Allerdings ist dies auch eine Preisfrage. Die deutschen Verbraucher kaufen Wein meist im Lebensmitteleinzelhandel und zahlten im vergangenen Jahr im Schnitt 2,72 Euro für den Liter. In manchen Nachbarländern geben die Menschen mehr dafür aus.