Disease Management - Behandlungsprogramme für chronisch Kranke
Berlin (dpa/tmn) - Disease Management Programme sollen chronisch Kranken eine Behandlung nach Plan ermöglichen. Ziel ist es, den Alltag einfacher zu machen und Folgeerkrankungen zu vermeiden. Wie funktionieren die Programme und für wen sind sie geeignet?
Berlin (dpa/tmn) - Disease Management Programme sollen chronisch Kranken eine Behandlung nach Plan ermöglichen. Ziel ist es, den Alltag einfacher zu machen und Folgeerkrankungen zu vermeiden. Wie funktionieren die Programme und für wen sind sie geeignet?
Chronisch kranke Menschen sind in ihrem Alltag oft eingeschränkt. Sie müssen ständig Medikamente nehmen, leiden häufig unter Schmerzen, müssen zahlreiche Arztbesuche koordinieren. Sogenannte Disease-Management-Programme (DMP) sollen ihnen eine gut abgestimmte und kontinuierliche Betreuung ermöglichen. Ziel sei, beispielsweise Diabetes-Patienten vor Folgeerkrankungen zu bewahren, erläutert Ann Marini vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Auch für Brustkrebs, Asthma und die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung COPD sowie die Koronare Herzkrankheit werden solche Programme angeboten.
„Möchte ein Patient an einem DMP teilnehmen, kann er sich an seinen Arzt oder seine Krankenkasse wenden“, erklärt Marini. „Patient und Arzt müssen explizit ihre Teilnahme erklären — der Patient gegenüber der Krankenkasse, der Arzt gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung.“ Zusammen mit dem Arzt fülle der Patient dann eine Teilnahmeerklärung und die Erstdokumentation aus. Voraussetzungen für eine DMP-Teilnahme seien eine gesicherte Diagnose durch den behandelnden Arzt und die Bereitschaft des Patienten, aktiv am DMP teilzunehmen, ergänzt Kai Fortelka vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) der Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen. Der G-BA legt die Richtlinien für die Inhalte der Chronikerprogramme fest.
Besonders exotische Therapien dürfen die Teilnehmer allerdings nicht erwarten. Zu den Programmen gehören die Behandlung mit Medikamenten sowie andere Therapien, aber auch Schulungen für die Patienten. Sie sollen dabei mehr über ihre Krankheit und den Umgang damit erfahren. Außerdem müssen die DMP-Teilnehmer regelmäßige Kontrolluntersuchungen wahrnehmen, bei denen ihre gesundheitlichen Entwicklungen dokumentiert werden.
Die Teilnehmer müssten zustimmen, dass ihre Daten erhoben, verarbeitet und genutzt würden, fügt Fortelka hinzu. Der behandelnde Arzt gebe die Daten des Versicherten in pseudonymisierter Form vollständig an die Krankenkasse weiter, erklärt Marini. „Die Dokumentationen stehen unter einem besonderen Datenschutz und dürfen nur für die Zwecke der DMP eingesehen und verarbeitet werden.“ Nicht jeder Mitarbeiter der Kasse könne auf diese Daten zugreifen.
Für gesetzlich Krankenversicherte ist die Teilnahme kostenfrei. Wer mehrere der Erkrankungen hat, könne sich auch in verschiedene Programme einschreiben lassen, heißt es in einem Merkblatt des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitsweisen (IQWiG) zum Thema. Die Teilnahme ist außerdem freiwillig. Daher macht nicht jeder mit, der eine der Krankheiten hat, für die ein DMP angeboten wird.
Diese Beobachtung hat auch Heribert Brück vom Bundesverband Niedergelassener Kardiologen (BNK) gemacht. Wer beispielsweise eine Koronare Herzkrankheit hat und an einem DMP teilnimmt, müsse einmal im Quartal zum Arzt. Dieser untersuche den aktuellen Gesundheitszustand und fülle dazu einen speziellen DMP-Bogen aus. Dann lege er die angestrebten Werte für Blutdruck, Cholesterin und so weiter fest. „Außerdem sollen regelmäßig Ergometrien durchgeführt werden“, sagt Brück. Dabei fährt der Patient unter ärztlicher Kontrolle auf einem Fahrradergometer, das Herz wird unter Belastung untersucht. „Da viele Hausärzte das nicht mehr selbst machen, schicken sie die Patienten dann zum Kardiologen.“
Wenn ein DMP-Patient erstmals während seiner Teilnahme an dem Programm zum Facharzt geht, sollte er diesem unbedingt sagen, dass er in einem DMP ist. Nicht immer hätten die Hausärzte den Fachkollegen zuvor darüber informiert, erläutert Brück. Für den Kardiologen sei es aber wichtig zu wissen, wenn sein Patient eine solche Behandlung nach Plan mache und dann zukünftig regelmäßig zu ihm komme. Welche Fachärzte mit eingebunden werden, ist von Programm zu Programm unterschiedlich. Teilnehmende Diabetiker müssen beispielsweise auch regelmäßig zum Augenarzt.
Derzeit werden laut Fortelka in Deutschland schon rund 6,2 Millionen Patienten in Disease-Management-Programmen betreut, „die meisten im DMP Diabetes mellitus Typ 2“. Dort allein seien es etwa 3,5 Millionen. Dieses Programm und das für Brustkrebs-Patientinnen seien am 1. Juli 2002 auch die ersten der Chronikerprogramme gewesen, die angeboten wurden.