Ein Stück vom Glück - Zufriedenheit lässt sich trainieren

Zürich/Berlin (dpa/tmn) - Ein jeder ist seines Glückes Schmied. Dass an dieser Redewendung etwas Wahres dran ist, gilt Psychologen zufolge als erwiesen. Wer zum Beispiel gezielt Dankbarkeit, Optimismus und Humor trainiert, geht zufriedener durchs Leben.

Sie kamen, weil sie sich besser fühlen wollten. Und sie gingen mit höherer Lebenszufriedenheit. 180 Männer und Frauen in der Schweiz trainierten zehn Wochen lang bestimmte Charakterstärken. Das reichte aus, um ihr Wohlbefinden zu steigern, zeigte eine Studie der Universität Zürich. Die Teilnehmer waren heiterer und häufiger positiver Stimmung. Dafür mussten sie nicht ihr Leben umkrempeln. Es genügte, einfache Übungen in den Alltag einzubauen. Garantiertes Glück gibt es zwar nicht, und auch Krisen gehören zum Leben dazu. Für die eigene Lebenszufriedenheit lässt sich aber durchaus etwas tun.

„Die Teilnehmer waren alles Menschen, die sagten: 'Mein Leben ist eigentlich ganz ok, ich möchte aber wissen, wie es noch besser werden kann'“, erzählt René Proyer, Psychologe an der Uni Zürich und einer der Studienautoren. Die Männer und Frauen wurden per Zufall in drei Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe musste warten, die zweite trainierte die Stärken Dankbarkeit, Optimismus, Humor, Neugier und Enthusiasmus, die dritte Gruppe die Stärken Sinn für das Schöne, Kreativität, Freundlichkeit, Liebe zum Lernen und Weitsicht.

Dahinter steht die Theorie, dass Menschen, die solche Charakterstärken einsetzen, mehr positive Gefühle erleben. Außerdem sehen sie mehr Sinn im Leben, haben bessere Beziehungen zu anderen und verfügen über mehr Handlungsoptionen, so die Studienautoren. Das alles führe letztlich dazu, dass sie sich besser fühlen.

Die Frauen und Männer in Zürich trafen sich alle zwei Wochen, bekamen eine Stärke vorgestellt und übten sie in der Gruppe. „Als es um Dankbarkeit ging, mussten sie sich zum Beispiel mit ihrem Sitznachbarn darüber austauschen, wie sie in einer bestimmten Situation Dankbarkeit erlebt hatten“, erzählt Proyer. Als Hausaufgabe sollten die Teilnehmer einem Menschen einen Dankbarkeitsbrief schreiben, ihm diesen vorlesen und die Reaktion beobachten.

Um Neugier zu fördern, schlugen die Forscher verschiedene Aktivitäten vor, etwa, sich über die Küche eines anderen Landes zu informieren und ein Gericht nachzukochen. „Die Leute sollten etwas Neues kennenlernen und beobachten, ob es ihnen Spaß macht“, sagt Proyer. Alle drei Gruppen mussten vor und nach den zehn Wochen Fragebögen zu ihrer Lebenszufriedenheit und ihrem Wohlbefinden ausfüllen. Das Ergebnis: Die Männer und Frauen mit dem Stärketraining fühlten sich anschließend besser - sie waren heiterer, glücklicher und positiverer Stimmung. In der Gruppe, die Stärken wie Dankbarkeit übte, stieg auch die Lebenszufriedenheit.

Ist es so einfach, glücklich und zufrieden zu werden? „Sie werden durch so ein Training nicht plötzlich von einem unglücklichen Menschen zu einem glücklichen“, sagt Prof. Michael Eid, Psychologe an der Freien Universität Berlin. Aber es gebe Effekte. Das heißt: Man wandert auf der Glücksleiter ein, zwei Sprossen nach oben. Laut Renate Frank ist es möglich, durch solche Trainings das Wohlbefinden zu steigern. „Wir versuchen, die Menschen auf die positive Seite zu begleiten. Ob sie dort heimisch werden, das heißt, dauerhaft verweilen können, hängt aber noch von vielen anderen Faktoren ab“, erklärt die Buchautorin und ehemalige Leiterin der Verhaltenstherapeutischen Ambulanz der Universität Gießen.

Doch auch ein bisschen glücklicher und zufriedener zu werden, gelingt nicht von heute auf morgen. „Man muss motiviert sein oder sich motivieren lassen“, sagt Frank. Und man muss dran bleiben und seine Stärken immer wieder einsetzen. „Einmal freundlich, begeistert, humorvoll oder mutig zu sein, reicht nicht.“ Wer aber auf Dauer freundlicher mit Nachbarn oder Kollegen umgeht, der bekomme eher positive Rückmeldungen, sehe, dass er weiter kommt, und fühle sich besser, so Proyer. Ein Stärkentraining kann also nur der Einstieg sein. Üben und anwenden muss man das Gelernte hinterher selbst.

Auch wer fleißig übt, wird nicht ständig auf rosaroten Wolken schweben. „Es geht nicht darum, ein Glücksroboter zu sein“, sagt Proyer. Menschen, die immer mal wieder unzufrieden sind, machten nichts falsch. „Eine Zwangsverglückung ist Quatsch“, findet auch Eid. Denn negative Gefühle gehörten genauso zum Leben dazu. Wer seine eigenen Stärken kennt und sie trainiert, könne aber auf Dauer den Blickwinkel etwas verschieben und ein „positiveres Grundgefühl entwickeln“. Das lohnt sich: Subjektives Wohlbefinden geht laut Eid mit Gesundheit und Langlebigkeit einher.

Literatur:

Renate Frank: Wohlbefinden fördern, Klett-Cotta, 220 Seiten, 26,95 Euro, ISBN-13: 978-3-608-89091-4