Fantasie wiederentdecken: Mit inneren Bildern entspannen

München (dpa/tmn) - Abschalten, loslassen, entspannen: Das tut nach Hektik und Stress Körper und Seele gut. Doch es ist nicht leicht, zur Ruhe zu kommen. Zu mächtig sind mitunter die Anspannung im Körper und der Fluss der Gedanken, der durch den Kopf kreist.

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Doch es gibt eine einfach Lösung.

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Wer Abstand bekommen und sich erholen will, kann sich zum Beispiel auf eine Reise begeben - und zwar ins Reich der Fantasie. „Letztendlich ist eine Fantasiereise ein gelenkter Tagtraum“, sagt Christiane Wettig vom Berufsverband für Entspannungspädagogen (BVEP) im hessischen Oberursel. Bei einer solchen Reise läuft vor dem geistigen Auge eine Geschichte ab. Sie wird von einer anderen Person vorgelesen oder erzählt. Man kann sich aber auch selbst im Kopf Bilder und Eindrücke zurechtlegen, die Ruhe und Gelassenheit symbolisieren. Geführte Fantasiereisen werden häufig in Kursen angeboten, zum Beispiel an Volkshochschulen. Wer kein Seminar besuchen möchte, kann sich für zu Hause eine CD mit Fantasiereisen zulegen.

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„Gerade für Anfänger ist es aber von Vorteil, zunächst an einem Kurs oder an einer Einzelsitzung mit einem Dozenten teilzunehmen“, erklärt Jennifer Hüge. Sie ist stellvertretende Bundesvorsitzende des DBVB - Deutscher Bundesverband für Burnout-Prophylaxe und Prävention mit Sitz in München. In einem Kurs kann es hilfreich sein, sich nach einer Fantasiereise mit anderen über die Erfahrungen auszutauschen. „Außerdem lernt man im Kurs oder bei einer Einzelsitzung, wie man eine Fantasiereise in den Alltag integrieren und somit in Stresssituationen entspannen kann“, betont Wettig.

Die Fantasiereise sollte in ruhiger Atmosphäre stattfinden: kein Verkehrslärm, keine anderen Geräusche. Das Handy bleibt ausgeschaltet. Entspannungssuchende machen es sich entweder auf einem Stuhl, auf einer Liege oder auf dem Boden bequem. Sie schließen die Augen. „Oft beginnt die Reise mit Atemübungen“, erläutert Hüge. Die Teilnehmer nehmen an sich wahr, wie sich beim Ein- und Ausatmen etwa die Bauchdecke hebt und wieder senkt. Dann richten die Teilnehmer ihr Augenmerk auf einzelne Bereiche ihres Körpers. Sie fühlen die Zunge im Mund, die Arme, die Beine, die Füße, den Kopf.

In dieser Phase der Entspannung werden bei den Teilnehmern über den Dozenten Bilder und Gefühle erzeugt. Vor dem inneren Auge entsteht beispielsweise das Bild eines Strands. Man spürt den weißkörnigen Sand unter den Füßen und empfindet es als wohltuend, hört das Rauschen des Meeres, riecht die frische Seeluft. Vom Strand aus begibt man sich zu Fuß ins Landesinnere, entdeckt eine Wiese mit Blumen in vielen Farben und betörenden Düften. „Wichtig ist, dass man mit möglichst vielen Sinnen die Facetten der Fantasiereise spürt“, sagt Wettig. Das trägt entscheidend zur Entspannung bei.

Wer an einer geleiteten Fantasiereise teilnimmt, muss nicht befürchten, „manipuliert“ zu werden. „Niemand kann einem aufzwingen, bestimmte Bilder oder Emotionen wahrzunehmen“, erklärt Hüge. Sie betont, dass Teilnehmer einer Fantasiereise die ganze Zeit voll bei Bewusstsein sind und die Fantasiereise, wenn sie sich plötzlich unbehaglich fühlen, jederzeit abbrechen können. Wer psychisch labil ist oder beispielsweise zu extremen Gefühlsausbrüchen neigt, sollte vor der Teilnahme an einer Fantasiereise einen Arzt oder Psychologen um Rat fragen. Wer einen Kurs sucht, sollte sich über die Qualifikation des Dozenten informieren. Er oder sie ist idealerweise anerkannter Entspannungspädagoge oder -therapeut oder Psychologe mit Zusatzausbildung.

Fantasiereisen können nicht nur zur Entspannung beitragen und einem Burnout vorbeugen, sie helfen zum Beispiel auch oft bei immer wiederkehrenden Kopfschmerzen. Daneben kann mit Fantasiereisen das Körperbewusstsein gestärkt werden. Spezielle Kurse für Kinder sollen dafür sorgen, etwa Kreativität und Vorstellungskraft anzuregen und das Selbstvertrauen zu stärken.

Fantasiereisen gehören zu den anerkannten Entspannungsverfahren und sind ein wichtiges Element im Bereich der gesundheitlichen Prävention. „Allerdings kann beziehungsweise will sich längst nicht jeder darauf einlassen“, weiß Gabriele Bringer. Sie ist Geschäftsführerin beim Stresszentrum Berlin. Aber es gibt ja auch noch andere Entspannungsverfahren. Dazu gehört etwa die progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder das Biofeedback. „Jeder muss für sich selbst herausfinden, was für seine oder ihre Entspannung am besten ist“, betont Bringer.