Fast sechs Kilo: Riesenbaby in Berlin geboren

Berlin (dpa) - Neugeborene in Mitteleuropa werden immer dicker. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür gab es jetzt in der Berliner Charité. Die Geburt eines sechs Kilo schweren Jungen ist rekordverdächtig.

Das Riesenbaby namens Jihad kam ohne Kaiserschnitt zur Welt. „Nach unseren Recherchen ist in Deutschland niemals zuvor ein so schweres Kind ohne Operation geboren worden“, sagte Wolfgang Henrich, Chefarzt der Klinik für Geburtsmedizin am Campus Virchow-Klinikum, am Freitag. Im Durchschnitt wiegen Neugeborene 3,5 Kilogramm.

Jihads 40 Jahre alte Mutter, die nach Charité-Angaben 240 Kilo wiegt, hatte Schwangerschaftsdiabetes. Die Zuckerkrankheit führt ohne Disziplin bei der Ernährung häufig zu einem sehr hohen Geburtsgewicht. „Das Kind entwickelt sehr viel Fett, weil seine Bauchspeicheldrüse viel Insulin produzieren muss“, erläutert Geburtsmediziner Henrich. Das Baby wird zwar selten als Diabetiker geboren und kann sich nach der Geburt langsam erholen. „Aber später neigen solche Kinder zu Übergewicht“, ergänzt Henrich. Das befördert das Diabetes-Risiko.

Der kleine Jihad ist bereits das 14. Kind der Familie. Die natürliche Geburt am Mittwoch dauerte sieben Stunden und verlief ohne Komplikationen. Ärzte hatten zuvor versucht, die Mutter von einem Kaiserschnitt zu überzeugen. „Normalerweise raten wir Müttern bei einem Schätzgewicht des Kindes von mehr als 4,5 Kilo zum Kaiserschnitt, um Komplikationen zu vermeiden“, erläuterte Henrich.

Die Mutter hatte aber bereits drei ihrer Kinder mit einem Gewicht von mehr als fünf Kilo ohne Probleme zur Welt gebracht. „Sie bestand trotz der sehr hohen Risiken auf den Versuch der vaginalen Geburt“, sagte der Arzt. Sehr schwere Kinder können im Geburtskanal steckenbleiben - eine oft lebensbedrohliche Situation.

„Für stark übergewichtige Frauen birgt auch ein Kaiserschnitt hohe Risiken“, sagte Waltraut Merz, Leiterin der Geburtshilfe der Uniklinik Bonn, der Nachrichtenagentur dpa. Um ein sehr korpulentes Baby ohne Kaiserschnitt zu gebären, seien gewisse Beckenmaße der Mutter notwendig: „Das ist eine knöcherne Struktur, da sind einfach gewisse Grenzen in der Dehnbarkeit gegeben“, erklärte Merz.

„Risikofaktoren für ein erhöhtes Gewicht des Neugeborenen sind mütterliches Übergewicht, Schwangerschaftsdiabetes, aber auch viele Kinder“, erläuterte die Ärztin. „Erstgeborene sind oft die leichtesten. Je mehr Kinder, desto schwerer sind die jüngeren Geschwister oft bei der Geburt“, sagte Merz. Ein Grund dafür sei die mit jeder Schwangerschaft verbesserte Durchblutung der Gebärmutter sowie deren gestärkte Muskulatur. Übergewichtige Mütter nähmen naturgemäß viele Kalorien zu sich, die während der Schwangerschaft an das Kind weitergeleitet würden.