Gesundheitliche Risiken von Nanopartikeln unklar

Würzburg (dpa/tmn) - Nanopartikel sind winzige Teilchen, die die Materialeigenschaften vieler Produkte verbessern. Die Vorteile liegen auf der Hand. Doch wie steht es mit den Risiken? Welche Gefahren für die Gesundheit gehen etwa von eingeatmeten Partikeln aus?

Würzburg (dpa/tmn) - Nanopartikel sind winzige Teilchen, die die Materialeigenschaften vieler Produkte verbessern. Die Vorteile liegen auf der Hand. Doch wie steht es mit den Risiken? Welche Gefahren für die Gesundheit gehen etwa von eingeatmeten Partikeln aus?

Das Obst in der Frischhaltebox sieht tagelang aus wie frisch gepflückt. Im Teddy und an der Fassade siedeln sich garantiert keine Mikroorganismen an. Nanotechnologie macht das möglich. Sie hält mittlerweile in fast allen Bereichen Einzug. Immer wieder melden sich aber kritische Stimmen, die die Technologie für gesundheitlich bedenklich halten. Was ist da dran?

Ein Nanometer entspricht einem Millionstel Millimeter und ist damit unvorstellbar winzig. Nanopartikel sind bis zu 100 Nanometer groß. Das Besondere: Sie haben bei gleichbleibendem Gesamtvolumen eine riesige Oberfläche. „Nanotechnologie ermöglicht, mit einem minimalen Materialaufwand sehr große Effekte zu erzielen“, erläutert Dieter Sporn vom Fraunhofer-Institut für Silicatforschung in Würzburg. „Das ist überall dort gefragt, wo möglichst dünne Materialschichten gefordert sind oder sehr teure Materialien eingesetzt werden.“

In Abhängigkeit von der Winzigkeit und der Geometrie der Teilchen verändern sich die chemischen und physikalischen Materialeigenschaften. So können beispielsweise Wirkprozesse wie das Aushärten eines Lackes beschleunigt oder chemische Effekte intensiviert werden. Je nach Anwendungszweck werden Nanopartikel aus unterschiedlichen Ausgangsmaterialien eingesetzt - als Bestandteile und häufig auch als Beschichtungen von Produkten.

Nanosilber wird dank seiner antimikrobiellen Eigenschaften in Textilien, Wandanstrichen oder Haushaltsgeräten wie Kühlschränken verwendet. Strukturelemente aus Siliziumdioxid machen Outdoortextilien schmutzabweisend. Doch die Innovationen haben auch eine Kehrseite: Gerade die für die Forschung so interessanten veränderten Materialeigenschaften könnten Mensch, Tier und Umwelt gefährden. „Ideal wäre: Ein Produkt wird entwickelt und parallel dazu gleich die Risikoforschung betrieben“, sagt Jan Beringer von den Hohenstein Instituten für Textilinnovation in Bönnigheim.

Das ist jedoch nicht der Fall: Die Erforschung von möglichen Risiken und Nebenwirkungen hinkt der Vermarktung der Produkte stark hinterher. Zu den möglichen Risiken und Auswirkungen gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Studien. „Sie beziehen sich jedoch jeweils nur auf ganz spezifische Produkte. Damit sind ihre Ergebnisse nur eingeschränkt übertragbar“, sagt Chemiker Beringer.

Allerdings liefern diese Studien Anhaltspunkte für mögliche Risiken: „Nanopartikel sind so klein, dass man nicht genau weiß, welche Barrieren sie durchdringen können“, erläutert Monika Büning, Expertin für Produktsicherheit beim Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin. „Tierversuche belegen beispielsweise, dass Nanopartikel über die Lunge aufgenommen und in den Blutkreislauf und das Gehirn transportiert werden. Es könnte auch sein, dass sie in das Innere von Zellen vordringen.“ Und Kathrin Schwirn vom Umweltbundesamt in Dessau ergänzt, dass es Hinweise darauf gebe, dass Stoffe, die an sich schon giftige Eigenschaften haben, aufgrund der größeren Materialoberfläche in Nanoform noch giftiger sein könnten.

Besonders kritisch wird aktuell die Verwendung von Nanosilber diskutiert. Dabei spielt auch eine Rolle, dass dieses in einigen Bereichen gebraucht wird - zum Beispiel als Desinfektionsmittel im Krankenhaus oder in Socken für Diabetiker. „Der Mensch entwickelt jedoch Resistenzen gegen Silber. Wenn er nun also zu viel mit Nanosilber in Berührung kommt, kann dieses an den Stellen, wo es wirklich notwendig ist, nicht mehr wirken“, warnt Büning.

Bei allen Hinweisen auf mögliche Risiken: Der wissenschaftliche Beweis dafür, welche Partikel sich wie schädlich auswirken, steht bislang aus. Damit bleiben für den Verbraucher viele Fragezeichen. Doch wer sich über Nanoprodukte informieren und Vor- und Nachteile abwägen möchte, hat ein großes Problem: Für Nanozusätze gibt es weder eine Zulassungs- und eine Kennzeichnungspflicht.

„Verbraucher können zum einen darauf achten, ob ein Produkt gezielt mit dem Stichwort 'nano' beworben wird“, rät Büning. „Das ist zum Beispiel bei Schuhpflegesprays häufiger der Fall.“ Zum anderen können sie beim Kauf etwa einer Beschichtung oder eines Lackes im Baumarkt gezielt nach Produktdatenblättern fragen. Anlass zum Nachfragen sind auch Stichworte wie 'antibakteriell' oder 'schmutzabweisend' auf Verpackungen.

Bei allen Produkten sollte man die Gebrauchsanweisung lesen und sich auch daran halten. „So sollten zum Beispiel Sprays und vor allem Aerosole immer nur im Freien und mit ausreichendem Abstand verwendet werden“, rät Büning. „Sie müssen sehr fein gesprüht werden und sind damit per se schon für die Lunge gefährlich.“ Wenn dann noch Nanopartikel mit ins Spiel kommen, sei erst recht Vorsicht geboten.

Service:

Verbraucher können in der Nanoproduktdatenbank der Umweltorganisation BUND nach Produkten suchen, die Nanopartikel enthalten.