Hämatokrit und Leukozyten: Ein Blutbild verstehen

Bremen (dpa/tmn) - Erythrozyten, Hämatokrit, Thrombozyten: Medizinische Fachbegriffe wie diese sind für viele Menschen ein Buch mit sieben Siegeln. Wer Bescheid weiß, was sich dahinter verbirgt, versteht besser, welche Werte warum bei einem Blutbild ermittelt werden.

Den Satz „Da machen wir mal ein Blutbild“ haben die meisten Menschen schon einmal von ihrem Arzt gehört. Damit ist eine Blutentnahme gemeint und die Bestimmung der Zellen des Blutes. Viele Patienten lassen sich inzwischen die Laborwerte ausdrucken und nehmen den Zettel mit nach Hause. „Doch in den wenigsten Fällen können sie etwas damit anfangen, zumal viele Abkürzungen verwendet werden“, sagt Prof. Mariam Klouche vom Laborzentrum Bremen.

„Bei einem kleinen Blutbild werden die roten und weißen Blutkörperchen gezählt und die Blutplättchen“, sagt Prof. Karl Lackner, Präsident der Deutschen Vereinten Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL). „Außerdem gibt es Informationen darüber, wie viel von dem Blutfarbstoff Hämoglobin in den roten Blutkörperchen enthalten ist, über ihre Größe und wie viele Zellen im Verhältnis zum Blutplasma vorhanden sind.“ Letzteres wird mit dem sogenannten Hämatokrit angegeben.

Ein Zuwenig an roten Blutkörperchen (Erythrozyten) ist ein Hinweis auf eine Anämie, auch Blutarmut genannt. Diese kann beispielsweise durch Blutungen im Magen-Darm-Trakt entstehen oder durch Eisenmangel. Hinter der Abkürzung MCV verbirgt sich eine Aussage über die Größe der Erythrozyten. „Sind sie beispielsweise vergleichsweise groß, so kann dies auf einen Vitamin-B12- oder Folsäuremangel hindeuten“, sagt Klouche. Dieser komme beispielsweise bei Alkoholismus vor.

Die Blutplättchen (Thrombozyten) wiederum sind an der Blutgerinnung beteiligt, zu wenige können durch Knochenmarkserkrankungen bedingt sein und mit verstärkter Blutungsneigung einhergehen. Mit der Zahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) können die Ärzte einen ersten Einblick darüber bekommen, ob eine Infektion im Körper tobt und ob die Immunabwehr funktioniert.

„Liegt bei dem Patienten ein Verdacht auf einen bakteriellen Infekt vor oder sind die Leukozyten erhöht, dann wird in der Regel auch ein großes Blutbild erstellt, auch Differenzialblutbild genannt“, sagt Lackner. Dabei werden die verschiedenen Typen der weißen Blutkörperchen unter die Lupe genommen. Gibt es zum Beispiel viele Lymphozyten darunter, könnte auch ein viraler Infekt vorliegen.

Klouche, Herausgeberin der deutschen Version des Internetportals www.labtestsonline.de, registriert einen großen Aufklärungsbedarf beim Thema Laborwerte. Etwa 40 000 Menschen im Monat nutzten das Angebot. „Der Begriff Blutbild steht dabei an dritter Stelle, was die Nachfrage, also die Klicks, angeht.“

Diesen Bedarf bestätigt auch die Autorin Vera Zylka-Menhorn, die das Buch „Blutwerte verstehen“ verfasst hat. Darin erläutert sie auch die Referenzwerten - das heißt jene Werte, die als normal bei Gesunden angesehen sowie für verschiedene Altersgruppen und nach Männern und Frauen aufgeteilt erstellt werden. „Es gibt nicht einen einzelnen Normalwert, sondern einen bestimmten Schwankungsbereich, innerhalb dessen alle Werte als normal gelten“, erklärt sie. Je nach Laborgerät und Messverfahren können sich diese Werte unterscheiden, in der Regel werden sie deshalb auf dem Ausdruck angegeben.

Die Autorin betont auch, dass immer das „Gesamtbild“ eines Patienten betrachtet werden müsse. „Ein Überschreiten eines Normwertes heißt noch lange nicht, dass etwas nicht in Ordnung ist, das muss zu den Symptomen des Patienten passen.“ Hinter Ausreißern bei den Werten können sich auch technische Fehler verbergen, etwa weil das Blut zu lange gelegen hat oder durch das Messgerät.

Service:

Zylka-Menhorn, Vera: Blutwerte verstehen, Govi, 96 Seiten, 9,90 Euro, ISBN-13: 978-3-7741-1128-8

Seelig, Hans Peter/Meiners, Marion: Laborwerte, klar und verständlich, GU, 128 Seiten, 12,99 Euro, ISBN-13: 978-3-774266896