Hochgefühl für wenig Geld - Wie gefährlich ist Crystal Meth?

Berlin (dpa) - Bilder von Crystal-Meth-Süchtigen zeigen zombieähnliche Gesichter. Dabei ist Methamphetamin keineswegs nur eine Droge für Junkies. Die Konsumenten finden sich überall in unserer Leistungsgesellschaft, berichtet ein Drogenexperte.

Foto: dpa

Eine Modedroge ist der Stoff nicht.

Manche nennen sie Crystal, andere sprechen von Pervitin oder einfach nur von „C“: die Droge Crystal Meth. Sie löst Euphorie aus, ist günstig, sorgt aber auch dafür, dass Abhängige in Extremfällen aussehen wie Darsteller aus Zombie-Filmen: Auf Bildern starren einen Süchtige mit psychotisch dreinblickenden Augen, eingefallenen Gesichtszügen und verfaulten Zähnen an. Warum tun sie sich diese Tortur an? Und was macht die Droge im Vergleich zu anderen Substanzen aus? Fragen und Antworten zu Crystal Meth:

Was ist Crystal Meth und was bewirkt es?

Crystal Meth wird künstlich hergestellt und vom Konsumenten meist geschnupft oder inhaliert, seltener auch geschluckt. Die Basis der kristallartigen Droge ist das Stimulanzmittel Methamphetamin. Die Substanz löst ein euphorisches Hochgefühl aus. Die Leistungsfähigkeit nimmt zu, das Schmerzempfinden sowie das Bedürfnis nach Schlaf und Essen ab. „Amphetamine sind absolute Leistungsdrogen, die das genaue Gegenteil von Cannabis und Alkohol bewirken“, sagt der Drogenexperte Rafael Gaßmann von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen in Hamm.

Welche negativen Wirkungen hat die Droge?

Nervenzellen werden abgetötet, das Hirn wird geschädigt. Lässt die Wirkung der Droge nach, können starke körperliche und geistige Erschöpfung mit Gereiztheit, Depressionen und sogar Selbstmordgedanken folgen. Die Droge macht sehr schnell aggressiv - und abhängig, weil sich der Körper daran gewöhnt, sagt Gaßmann. Crystal-Meth-Abhängige klagen häufig über erhöhte Körpertemperatur und Schlafprobleme. Haare fallen aus, der Herzrhythmus ist gestört, die Haut kratzt, vor allem im Gesicht. Zähne und Gebiss verfallen zum sogenannten Meth-Mund. Langfristig eingenommen führt Crystal Meth zu Psychosen. Schlimmstenfalls kann der Konsum der Droge zum Tod führen.

Wer nimmt Crystal Meth?

Eine Untersuchung zur Klientel der Droge gibt es laut Gaßmann nicht. Dennoch ist sich der Drogenexperte sicher: „Alles deutet darauf hin, dass sich das quer durch die Bevölkerung zieht. Das gilt für Bäckereiverkäuferinnen und Auszubildende wie für Abgeordnete.“ Auch in Armeen könne die Substanz Verwendung finden. Ausschließen könne man jüngere Jugendliche, da Crystal Meth anders als Alkohol und Tabak nicht zu den Einstiegsdrogen zähle. Auch Rentner schließt Gaßmann aus, weil sie nicht mehr im Berufsstress stehen.

Was unterscheidet Crystal Meth von anderen Drogen?

Sie ist besonders billig. Das liegt unter anderem an kurzem Transport und einer Reinheit von 80 bis 90 Prozent, wodurch bereits kleinere Mengen eine extreme Wirkung haben. „Kokain hat einen weiten Transportweg und wird vielfach gestreckt auf dem Weg“, sagt Gaßmann. Crystal dagegen ist ein rein chemisches Produkt und kann so theoretisch in Laboren weltweit hergestellt werden. In Deutschland kommt es vermehrt aus der Grenzregion zu Tschechien, wird aber auch im Inland oder in den Niederlanden hergestellt, sagt Gaßmann.

Ist Crystal Meth eine Modedroge?

Nein. Methamphetamin ist über 100 Jahre alt. Erste Forscher befassten sich schon Ende des 19. Jahrhunderts damit. Im Zweiten Weltkrieg wurde in Deutschland gezielt mit der Substanz gearbeitet, Pervitin sollte Soldaten durchhaltefähiger und furchtloser machen und bekam den Beinamen „Panzerschokolade“. Nach dem Krieg etablierten sich Amphetamine auch als Dopingmittel im Sport. Unter anderem der frühere US-Tennisstar Andre Agassi gab in seiner Biografie zu, lange Zeit Crystal Meth genommen zu haben. Bis 1988 gab es das Mittel sogar in der Apotheke, berichtet Gaßmann - damals noch unter dem Namen Pervitin. Als Arzneimittel sollte es gegen Konzentrationsschwächen und chronische Müdigkeit helfen. Dann fiel Pervitin unter das Betäubungsmittelgesetz.