Kartoffelpreise steigen - Große Nachfrage aus dem Ausland
Bonn (dpa) - Kartoffeln lagern nicht mehr im Keller. Verbraucher sind es gewohnt, im Supermarkt jederzeit zugreifen zu können. Ermittlungen des Kartellamtes rücken den Preis in den Fokus. Nach Expertenmeinung sorgt eine steigende Auslandsnachfrage für höhere Preise.
Für Kartoffeln müssen die Verbraucher derzeit tiefer in die Tasche greifen. Seit dem Herbst steigen die Preise, wie die Statistik im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen zeigt. Im Februar und März 2013 waren Kartoffeln im Schnitt mehr als ein Viertel teurer als ein Jahr zuvor. Allerdings wurde damit lediglich das Preisniveau von 2011 wieder erreicht. Nach Experteneinschätzung verteuern Missernten in anderen Ländern Europas und der lange Winter die auf den Speisetellern so geliebten Knollen.
Das Bundeskartellamt geht in Ermittlungen gegen 14 Unternehmen der Kartoffelbranche der Frage nach, ob es in der Vergangenheit illegale Preisabsprachen zum Nachteil von Handel und Verbrauchern gegeben hat.
„Wir stehen ganz am Anfang der Ermittlungen“, erklärte der Chef des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt. Bis zur abschließenden Beurteilung gelte die Unschuldsvermutung. Zugleich stellte Mundt aber auch klar, dass die Behörde zahlreiche Hinweise erreichten und dass sich für Firmen eine Kooperation strafmildernd auswirken könnte.
Der Umgang des Deutschen mit seinen Kartoffeln hat sich deutlich geändert. Grünen-Agrarexperte Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf
verwies darauf, dass Kartoffeln kaum noch privat im Keller gelagert werden und Lebensmittelhändler den täglichen Verkauf in kleinen Mengen für sich entdeckt haben. Pack- und Sortierbetriebe hätten sich dazwischen geschoben, die nun unter dem Preisdruck ihrer Abnehmer stünden. War das vermutete Kartoffel-Kartell also eine Art Reaktion auf den Preisdruck von Supermarktketten?
Die Kartoffelbauern im wichtigsten Anbaugebiet Niedersachsen wühlt das Thema auf. „Wenn sich der Verdacht erhärtet, muss durchgegriffen werden“, sagt Friedrich Pape aus Watenbüttel. Er spricht zugleich von hohem Preisdruck des Handels. Ein anderer Landwirt aus der Nordheide vermutet: „Ich habe keine Ahnung, ob es Preisabsprachen gegeben hat - vorstellbar wäre es aber. Wenn, ist es eine Notwehr-Reaktion auf den Handel.“ Viele Landwirte stiegen aus dem Kartoffel-Anbau aus, weil sie sich den Preis vom Handel nicht mehr diktieren lassen wollten.
Seit geraumer Zeit steigen die Lebensmittelpreise in Deutschland. Große Einzelhändler verwiesen in der Vergangenheit aber regelmäßig auf den harten Wettbewerb, der dafür sorge, dass Kostensteigerungen letztlich nur zu einem Bruchteil an die Kunden weitergereicht werden könnten. „Der Handel verhandelt mit seinen Lieferanten hart, um günstige und wettbewerbsfähige Endverbraucherpreise realisieren zu können. Diese Verhandlungen dürfen nicht durch Kartellbildungen unter Lieferanten unterlaufen werden“, erklärte der Branchenverband HDE.
Die Kartoffel gehört hierzulande zu den beliebtesten Lebensmitteln. Auch Konsumenten suchen angesichts der Ermittlungen des Kartellamtes Rat. So klingelten in der Verbraucherzentrale Hamburg jüngst die Telefone häufig. Auch wenn es nur um einige Euro pro Jahr mehr gehe, gerade für Geringverdiener seien die Lebensmittelpreise ein großes Thema. Ernährungsexpertin Silke Schwartau rät, Preise zu vergleichen und auch Wochenmärkte und die Direktvermarktung von Bauern zu nutzen. Aufgefallen sei, dass es weniger Sonderangebote bei Kartoffeln gebe.
Große Auslandsnachfrage und der lange Winter machen laut Experten deutsche Speisekartoffeln für den Handel knapp und teuer: „Die Abgabepreise der Erzeuger sind derzeit die höchsten der vergangenen zehn Jahre“, sagt Christoph Hambloch von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft AMI. Die durchschnittlichen Abgabepreise der Erzeuger gegenüber Packbetrieben, Zwischenhändlern und Einzelhandel hätten sich von Herbst bis Anfang Mai auf 28 bis 30 Euro je 100 Kilogramm verdoppelt. Missernten in anderen Ländern seien die Ursache. In welchem Umfang Verbraucher das zu spüren bekommen, bleibe abzuwarten.