Krebsforscher warnen vor "neuem" Risikofaktor
Falsche Ernährung wird als Risikofaktor immer wichtiger — und die Zahl der Dicken steigt.
Heidelberg. Der größte Risikofaktor für Krebserkrankungen ist nach wie vor das Rauchen. Doch das Image der Zigaretten hat stark gelitten, nicht zuletzt dank zahlreicher Kampagnen: Der Tabakkonsum geht seit Jahren zurück. Gleichzeitig gibt es immer mehr Dicke — weshalb ein anderer Krebs-Risikofaktor in den Fokus rückt. „Es könnte sein, dass der Faktor Übergewicht und Fehlernährung in diese Lücke stößt“, sagt der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), Otmar Wiestler. Er warnt vor der Zeitbombe falsches Essen.
„Wir haben immer mehr Hinweise dafür, dass unser westlicher Lebensstil mit Überernährung, Übergewicht und Stoffwechselstörungen zu einer erheblichen Zunahme von Krebserkrankungen führt“, erläutert Wiestler. „Der Zusammenhang ist relativ klar für Krebserkrankungen im Magen-Darm-Bereich. Auch für Brustkrebs, Prostata- und Bauchspeicheldrüsenkrebs scheint das so zu sein.“
Die Weltgesundheitsorganisation WHO betrachtet Übergewicht und Fettleibigkeit als weltweite Epidemie. 1,4 Milliarden Erwachsene gelten als übergewichtig, ein Drittel davon als fettleibig.
Laut DKFZ sind Ernährungsgewohnheiten erheblich an der Entstehung von Krebs beteiligt. Ihr Anteil daran soll bei 20 bis 42 Prozent liegen. Es ist das Warum, das die Krebsforscher derzeit vor allem umtreibt. „Es geht darum, Menschen dazu zu bringen, sich faserreich und ballaststoffreich zu ernähren, viel Obst und Gemüse zu sich zu nehmen — und möglichst wenig gezuckerte und fettreiche Lebensmittel“, sagt Wiestler. Gesunde Ernährung könne helfen, das Krebsrisiko zu reduzieren.
Dem Warum auf den Grund gehen will auch der Virologe und Nobelpreisträger Harald zur Hausen. Er erforscht, wie rotes Fleisch, Infektionen und Darmkrebs zusammenhängen. Der langfristige Verzehr von rotem Fleisch erhöhe das Risiko, an Dickdarmkrebs zu erkranken, um etwa 20 bis 30 Prozent, sagt zur Hausen. Darmkrebs sei in vielen Ländern sehr häufig, während er woanders vergleichsweise selten auftrete. „Auffallend ist, dass in den Ländern, in denen Darmkrebs selten vorkommt, kaum europäisch-asiatisches Rindfleisch gegessen wird.“
Zur Hausen geht der Vermutung nach, dass dabei Viren in diesen spezifischen Rindern eine Rolle spielen könnten — die der Mensch aufnimmt, wenn er ihr Fleisch roh oder schlecht durchgebraten isst.