Künstliche Hüfte: Die richtigen Fragen zum Implantat stellen
Berlin (dpa/tmn) - Patienten, denen der Einsatz einer künstliche Hüfte bevorsteht, sollten sich genau über das Implantat informieren. Warum ein Blick in die USA sinnvoll sein kann, erklärt AOK-Experte Gerhard Schillinger.
„Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich gucken, was in den USA zugelassen ist“, sagte Gerhard Schillinger, Geschäftsführer Stab Medizin im AOK-Bundesverband. Dort seien die Zulassungshürden auf jeden Fall höher und die Kontrollen besser als hierzulande. „Bei Problemen gibt es 'warning letters', die systematische Probleme mit einzelnen Medizinprodukten transparent machen.“ Und die staatliche Zulassungsbehörde FDA fackele auch nicht lange, einem Produkt die Zulassung wieder zu entziehen.
In Europa könne sich der Hersteller für die Zulassung dagegen eine benannte Stelle aussuchen. „Diese benannten Stellen sind daher finanziell von den Herstellern abhängig und können gar nicht zu scharf prüfen oder kontrollieren, wenn sie weiterhin Aufträge bekommen wollen“, erläuterte Schillinger.
Eine weitere Frage, die Patienten ihrem Arzt stellen sollten, ist dem Neurochirurg zufolge die nach Langzeiterfahrungen mit dem Gelenkersatz. „Gibt es Registerdaten zu dieser Prothese?“ sei eine mögliche Formulierung. In einem zentralen Register wird zum Beispiel festgehalten, wie häufig ein bestimmtes Modell ausgetauscht werden muss. Gute Registerdaten gebe es insbesondere aus Großbritannien und Australien. Auch in Skandinavien existieren solche Register schon.
In Deutschland steht das sogenannte Endoprothesenregister vor der Einführung. Bis es sich nutzen lässt, werden aber noch ein bis zwei Jahre vergehen. Denn zunächst müssen dafür erst Daten gesammelt werden. Sinnvoll kann es daher sein, sich bei seinem Hausarzt oder Orthopäden zu erkundigen, welche Klinik bislang welche Implantate mit welchem Erfolg einsetzt.
Vor der Operation fragen Patienten am besten auch im Krankenhaus nach, wie lange die Klinik und der operierende Arzt das Implantat schon verwenden, ergänzte Prof. Klaus-Peter Günther von der Arbeitsgemeinschaft Endoprothetik. Weitere Fragen seien: „Welche Erfahrungen hat er damit gemacht? Welche Daten gibt es schon? Wie häufig wird die Operation durchgeführt?“
Das Gelingen einer Hüftoperation hänge von einer Vielzahl von Faktoren ab, fügte Günther hinzu. Das sei zum Beispiel die Funktion des Gelenks vor der OP, die psychologische Grundeinstellung des Patienten, sein Arbeitsumfeld, wie informiert er ist und wie er mit dem Problem umgeht. Darüber hinaus komme es auch auf die Qualität des Operateurs und die Rahmenbedingungen in der Klinik an. Danach komme das Implantat.
Schillinger wies außerdem darauf hin, dass jeder Eingriff ein Risiko berge und daher genau überlegt werden sollte. Misserfolg, Infektionen oder gar der Tod seien nie ganz auszuschließen. Sinnvoll sei daher, einen zweiten Arzt um seine Meinung zu fragen. „Das verbietet keine Kasse.“ Wenn auch dieser zum Eingriff rate, habe der Patient eine höhere Gewissheit, eine gute Entscheidung zu treffen. Wichtig sei aber, sich diesem zweiten Arzt persönlich vorzustellen. Denn der müsse den Patienten körperlich untersuchen und ein ausführliches Arzt-Patientengespräch führen, um ein Urteil fällen zu können, sagte der Mediziner.