Lebensretter Organspende - Zu viele Deutsche zögern
Berlin (dpa) - In Deutschland gibt es nach wie vor zu wenig Spenderorgane. Für viele Patienten kommt das ersehnte Organ für ein Transplantation zu spät. Zahlen und Fakten rund um das Thema gibt es hier:
Wie viele Menschen in Deutschland benötigen ein Spenderorgan?
Auf den Wartelisten stehen zurzeit rund 12 000 Patienten. Sie können ohne Transplantation nicht mehr lange überleben, weil sie an lebensbedrohlichen Krankheiten leiden oder Organe wie Herz oder Niere nicht mehr richtig funktionieren. Hilfsmittel wie Herzpumpen oder Dialyse können Organe oft nicht dauerhaft ersetzen. 2011 konnte 4054 Menschen mit einer Transplantation geholfen werden. 2010 waren es 4326.
Wie viele Organe werden gespendet?
In Deutschland kommen auf eine Million Einwohner 14,9 Spender. International liegt die Bundesrepublik damit im unteren Drittel. 2011 wurden 1200 Menschen nach ihrem Tod 3917 Organe entnommen - das waren 7,4 Prozent Spender weniger als im Vorjahr. Ein einzelner Organspender kann bis zu sieben schwer kranken Menschen helfen.
Welche Organe können gespendet werden?
Nach dem Hirntod können Niere, Herz, Leber, Lunge, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm gespendet werden. Es gibt aber auch Lebendspenden. Dabei entscheiden sich gesunde Menschen, nahen Verwandten oder Freunden eine Niere oder einen Teil der Leber zu spenden. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier spendete 2010 seiner kranken Frau eine Niere. Lebendspenden sind nur zulässig, wenn kein anderes Spenderorgan zur Verfügung steht. Wegen des Organmangels hat die Zahl der Lebendspenden in den vergangenen Jahren zugenommen.
Wird eine Organspende bezahlt?
Nein. In Deutschland ist der Handel mit Organen verboten.
Was ist die Voraussetzung für eine Organspende nach dem Tod?
Als potenzielle Organspender kommen nur Menschen infrage, bei denen der Hirntod vor dem Herzstillstand eintritt. Von den rund 400 000 Menschen, die jedes Jahr in deutschen Kliniken sterben, ist das nur bei einem Prozent der Fall. Ein Hirntod bedeutet, dass das Gehirn eines Menschen als Schaltstelle aller Lebensfunktionen keine Funktionen wie Ströme oder Reflexe mehr zeigt. Das Herz schlägt nur noch durch künstliche Beatmung auf einer Intensivstation weiter. Ein Hirntod wird häufig nach schweren Schlaganfällen, Hirnblutungen oder Schädel-Hirn-Traumata festgestellt. Dabei müssen zwei Ärzte unabhängig voneinander urteilen.
Warum gibt es bisher so wenig Organspenden?
Bisher muss jeder Erwachsene aktiv sein Einverständnis zur Organspende geben. Einen Spenderausweis haben aber nur etwa 20 Prozent. Eine andere Möglichkeit ist bisher eine klare Aussage gegenüber Angehörigen. Gibt es keine mündliche oder schriftliche Entscheidung, müssen sie über eine Entnahme entscheiden. Das ist zurzeit bei neun von zehn Hirntoten der Fall.
Warum tun sich die Bürger schwer?
Bei vielen Menschen sitzt die Angst tief, dass Ärzte sie im Ernstfall in der Klinik schlechter behandeln könnten, um dann Organe zu entnehmen. Immerhin 45 Prozent der Deutschen fürchten laut einer Umfrage von Bertelsmann Stiftung und Barmer, dass die Ärzte nicht mehr mit vollem Einsatz um ihr Leben kämpfen, wenn sie sich zu einer Spende bereiterklärt hätten.
Was muss in den Kliniken besser werden?
Gerade kleinere Kliniken haben Probleme, Organspenden zu organisieren. Die Regierung hat bereits im Kabinett ein neues Transplantationsgesetz verabschiedet, was bald im Bundestag beraten wird. Krankenhäuser sollen klare Vorgaben bekommen, um mögliche Spender zu erkennen und Angehörige besser zu betreuen. Um den Weg für das Gesetz freizumachen, muss vorher aber die Organspende geregelt sein. Große Kliniken haben schon Transplantationsbeauftragte.
Arbeitet Deutschland mit anderen Ländern zusammen?
Ja, die Stiftung Eurotransplant ist für die Zuteilung von Spenderorganen in sieben Ländern zuständig und spricht sich mit nationalen Gesellschaften, Transplantationszentren, Laboratorien und Krankenhäusern ab. Mitglieder von Eurotransplant mit Sitz im niederländischen Leiden sind Belgien, Deutschland, Kroatien, Luxemburg, Niederlande, Österreich und Slowenien.