Malwina bis Mieze Schindler - Erdbeere ist nicht gleich Erdbeere
Köln (dpa/tmn) - Standardgröße und im Geschmack eher fad bis wässrig? Das muss nicht so sein. Erdbeeren haben sogar ungewöhnlich viele Aromen zu bieten. Mehr als 1000 Sorten gibt es - viele davon sind kaum bekannt.
Und das ist ziemlich schade.
Kugelrund oder länglich, tiefrot von außen und innen oder mit fast weißem Fruchtfleisch, zuckersüß oder leicht säuerlich — Erdbeere ist nicht gleich Erdbeere. Die allermeisten der rund 1000 Sorten bleiben allerdings oft unentdeckt. Einige wenige Sorten dominieren den Handel. Wolf Günther von Slow Food Deutschland in Berlin ermutigt deshalb dazu, auf Entdeckungstour zu gehen: „Erdbeeren mit ihren mehr als 300 Aromen sind ideal, um wieder schmecken zu lernen.“
In Supermärkten sind hierzulande etwa 10 Sorten etabliert, schätzt Ludger Linnemannstöns, Erdbeerexperte bei der Landwirtschaftskammer NRW in Köln. Mit rund 50 Prozent sei Elsanta der unangefochtene Spitzenreiter. Die großen, kegelförmigen Früchte locken mit ihrer glänzend roten Farbe und überzeugen durch Festigkeit und Druckverträglichkeit. Im Glashaus reifen die Beeren besonders früh. Durch Stroheindeckung oder Einlagerung der Pflanzen bei Frost wird die Winterpause verlängert und damit die Reife hinausgezögert.
Die wesentlichen Mitstreiter von Elsanta verdanken ihren Aufstieg dem Bedürfnis nach einer möglichst langen Naschzeit. Besonders den Beginn der Saison können Liebhaber kaum erwarten. Die hellrote, langkeilförmige Clery gibt es bereits im Mai. Auch die vergleichsweise junge Sorte Darselect ist früh zu haben. Daneben gehört die leicht säuerliche Sorte Honeoye mit ihren dunkelpurpurroten Beeren mit dem gleichmäßigen orangeroten Fruchtfleisch zu den ersten der Saison.
In der Hochsaison im Juni machen mancherorts die Sorten Sonata und Korona dem Spitzenreiter Elsanta Konkurrenz. Die hellroten Sonata-Früchte sind innen leicht rosé gefärbt, besonders saftig und damit ideale Zutaten für die Konfitüre. Die dunkelroten, sehr süßen Korona-Beeren fallen oft durch ihre hellen Spitzen ins Auge. Sie machen sich besonders gut in der Bowle.
Für den Käufer sind allerdings selbst diese gebräuchlicheren Sorten im Supermarkt kaum erkennbar. „Zum einen verteilen sie sich im Handel gestaffelt über die Saison. Man hat kaum je zwei Sorten zeitgleich nebeneinander, kann also nicht vergleichen“, erklärt Laura Gross von der Verbraucherinitiative in Berlin. Zum anderen sei eine Sortenangabe bei Erdbeeren nicht vorgeschrieben.
„Gemeinsam ist allen im Supermarkt erhältlichen Sorten, dass sie einen Kompromiss darstellen zwischen Geschmack und einer gewissen Festigkeit“, erläutert Linnemannstöns. Je weiter die Transportwege sind, umso wichtiger sind Eigenschaften wie Festigkeit, Druckunempfindlichkeit und Lagerfähigkeit. Wer weniger bekannte Sorten entdecken will, kann auf dem Wochenmarkt genauer hinschauen. „Hier kann man von Stand zu Stand schlendern, dort, wo die Beeren anders aussehen, probieren und nachfragen, um welche Sorte es sich handelt“, schlägt Gross vor.
Die Alternative sind Direktanbieter mit Ab-Hof-Verkauf oder Feldern zum Selbstpflücken. „Gerade bei Erdbeeren darf man nicht unterschätzen, dass ein sehr hoher Prozentsatz beim Erzeuger direkt gekauft wird“, sagt Hermann-Josef Langen von der Vermarktungsorganisation Landgard im nordrhein-westfälischen Roisdorf. „Die Ab-Hof-Verkäufer stellen sich sortenmäßig deutlich breiter auf als der Einzelhandel, um sich interessant zu machen.“ Dank kurzer Wege und schneller Vermarktungszeiten kann der Direkterzeuger weniger Wert auf die Festigkeit der Früchte legen und sich auf ihren Geschmack konzentrieren.
Da sind zum Beispiel die frühen, hellroten Lambada-Erdbeeren mit ihrem besonders süßen Aroma. Oder die mittelspäte alte Sorte Mieze Schindler. Liebhaber bezeichnen ihre kleinen, zarten Früchtchen als Praline unter den Erdbeeren. Nach Einschätzung von Linnemannstöns gewinnt vor allem die Sorte Malwina in der Direktvermarktung an Bedeutung. Mit einer Haupterntezeit im Juli verlängern ihre glänzend roten Früchte die Erdbeersaison entscheidend. Und das ist kein Einzelfall: Sogar bis in den Herbst hinein kann die Sorte Ostara geerntet werden.